«Die Zukunft der Arbeitswelt ist hybrid und nicht rein digital», schreibt Sabine Eckhardt (Bild), Chief Executive Officer für die Region Central Europe des weltweit und auch in der Schweiz tätigen Beratungsunternehmens Jones Lang LaSalle im deutschen «Handelsblatt». Demnach wird die Arbeitswelt von morgen in beiden Sphären beheimatet sein, der digitalen und der analogen. Lesen Sie, weshalb nach Corona jedes Unternehmen mit «Büromenschen» seinen profitablen Mix von Homeoffice und Büropräsenz finden muss.
Corona hat den Trend zum Homeoffice immens verstärkt
Corona hat den Trend zum Homeoffice immens verstärkt, sagt Sabine Eckhardt. Das war bislang zumeist ein Erfolg, weil die meisten Mitarbeitenden schnell auf digital umgestellt haben, die Produktivität nicht gesunken ist, Führungskräfte und Teams jederzeit erreichbar sind und in Videokonferenzen aus Küchen und Wohnzimmern eine neue Lockerheit im Umgang entstand.
Ist das Homeoffice «The new normal”
Ist das Homeoffice “The new normal”, fragt Sabine Eckhardt und gibt gleich selbst die Antwort: Sicher nicht. Dies vorab darum, weil erhebliche Teile der Wirtschaft wie das produzierende Gewerbe, der Detailhandel, Postdienste, öffentlicher Verkehr, die Gastronomie oder der Tourismus aufgrund ihrer Tätigkeit nur sehr beschränkt Homeoffice-Stellen anbieten können. Denn das Homeoffice ist überwiegend eine Alternative für «Büromenschen».
Nachteile des Homeoffice
Laut Sabine Eckhardt hat das Homeoffice auch gewisse Nachteile: Der Mensch ist ein „Social Animal“. Ein guter Teil der Kreativität etwa entsteht im direkten Austausch und über den persönliche Kontakt. Über die digitale Kommunikation geht etliche Kreativität schlicht verloren. Die Isolation am Küchentisch, die Vermischung von Arbeit und Freizeit, der Mangel an direktem Feedback, all dies macht vielen Menschen mehr zu schaffen, als man anfangs gedacht hat. Die Zugehörigkeit zu einem physisch präsenten Team, die kreative Diskussionskultur, die persönliche Anerkennung sind Faktoren, die im modernen Arbeitsumfeld enorm wichtig sind. Zudem ist es auf die Länge sehr herausfordernd, Menschen rein digital erfolgreich zu führen.
Gleichwohl: Es gibt einen unumkehrbaren Kulturwandel
Trotz der Nachteile des Homeoffice gibt es einen unumkehrbaren Kulturwandel, sagt Sabine Eckhardt: Die reine Büropräsenz der «Büromenschen» ist passé. Alle Unternehmen mit «Büromenschen» werden nach Corona den für sie profitabelsten Mix von Homeoffice und Büropräsenz suchen müssen. Diese Hybridisierung der Arbeitswelt zwingt jedes Unternehmen mit «Büromenschen» die Digitalisierung samt der einstsprechenden digitalen Sicherheit des Homeoffice ihrer Mitarbeitenden auf den jeweils bestmöglichen Stand zu bringen. Das Homeoffice wird nicht mehr ungenügend ausgestaltet sein dürfen, wie es unter den Zwängen der Coronakrise oft der Fall war und immer noch ist.
Auch die Ausgestaltung der Büros im Unternehmen muss sich wandeln
Sabine Eckhardt stellt fest, dass Corona uns den Wert des Büros im Unternehmen als relevanter Lebensort vor Augen geführt hat. Die Entwicklung einer neuen Denk- und Gestaltungsweise hatte sich bereits vor der Pandemie abgezeichnet, nun nimmt sie spürbar Fahrt auf. Aus Büros werden Kommunikationszentren, Arbeitsplätze werden flexibilisiert, damit sie je nach Präsenz von mehreren Kollegen genutzt werden können.
Michael John, 46-jährig (Bild), ist als Präsident der IG B2B for Insurers + Brokers seit Jahren ein Zugpferd der umfassenden Digitalisierung des Versicherungsbrokermarkts. Von der IG B2B werden namentlich die Standards und die Schnittstellen für den elektronischen Geschäftsverkehr zwischen den Versicherern und den Brokern geschaffen. Aber auch die Kunden sollen vermehrt die Möglichkeit haben, beim Kontakt mit ihrem Broker die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen. Hier zählt Michael John desgleichen zu den Innovationstreibern: Er ist Schweizer Geschäftsführer von FinanceFox und erläutert im Gespräch mit den winVS-News, wie Versicherungsbroker-Apps funktionieren und das Brokergeschäft beeinflussen. Lesen Sie die Antworten auf neun Fragen.
Michael John, was leistet derzeit die Versicherungsbroker-App von FinanceFox? Michael John: Mit der FinanceFox-App kann man auf dem Smartphone oder dem Tablet ganz bequem alle Versicherungen digital verwalten. Zusätzlich dazu wird eine persönliche Beratung geboten. Es gibt überdies Hinweise auf Kündigungsfristen und Laufzeiten sowie Benachrichtigungen bei Tarifänderungen.
Wie ist die Entwicklung dieses «Versicherungsberaters in der Hosentasche» bislang gelaufen? Michael John: FinanceFox hat die App im September 2015 lanciert. Die Nutzer stammen hauptsächlich aus zwei Kanälen: Auf der einen Seite wird über Online-Kanäle akquiriert. Damit werden hauptsächlich technikbegeisterte Anwender gewonnen, die ihre Versicherungen aus eigenem Antrieb digital verwalten wollen. Der bedeutendere Vertriebskanal sind jedoch die Versicherungsbroker. Hier werden rund drei Viertel der neuen Nutzer generiert. Diese bauen auf den persönlichen Rat ihrer Broker, mit denen sie zum Teil schon seit Jahren zusammenarbeiten. Mit der FinanceFox-App profitieren sie dann zusätzlich vom Komfort einer nutzerfreundlichen digitalen Umgebung. Sie können ihren vertrauten Berater jederzeit unkompliziert erreichen, egal ob es sich um allgemeine Versicherungsfragen oder einen Schadenfall handelt. Die Broker ihrerseits wahren die Bestandsrechte des Vermittlers, weil die über die Plattform registrierten Nutzer lediglich treuhänderisch verwaltet werden. ¨
Nutzen auch Unternehmen die App? Michael John: Derzeit wird die App noch hauptsächlich von Privaten und von Brokern genutzt. Ich bin jedoch überzeugt, dass solche Apps mittelfristig im Bereich der Klein- und Mittelunternehmen (KMU) auch Fuss fassen werden. Denn sie verringern natürlich desgleichen bei einem Unternehmen den administrativen Aufwand bei der Verwaltung der Versicherungen.
Was ist das Besondere an FinanceFox? Michael John: FinanceFox hebt sich dadurch ab, dass mit professionellen erfahrenen Brokern zusammenarbeitet wird. Dadurch soll mit der eingesetzten Technologie eine Brücke zur klassischen Brokerbranche gebildet werden. Es handelt sich nicht einfach um einen digitalen Versicherungsordner, sondern um ein Tool, das die üblichen Dienstleistungen der Versicherungsbroker optimal mit den Vorteilen der Digitalisierung verbindet: Damit entsteht sozusagen die Versicherung 3.0. Die Nutzer der FinanceFox-App unterzeichnen mit dem Herunterladen ein Beratermandat. Sie haben somit nur noch einen neutralen Berater für alle Versicherungen und deren Übersicht in einer einzigen App. Es ist einfach, über die App neue Policen abzuschliessen. Überdies gibt es eine automatische Erinnerungsfunktion für die Kündigungsfristen. Bei Fragen kann man zum persönlich zugeteilten Berater Kontakt aufnehmen. Dieser ganze Service ist für die Nutzer kostenlos.
Wie steht es mit den Partner-Brokern? Michael John: Die Partner-Broker profitieren von den digitalisierten Kundendaten, der vereinfachten Termin- und Routenplanung bei der Kundenakquisition und der Benachrichtigungsfunktion bei Schlüsselereignissen. Ausserdem kann über einen Messenger immer und einfach mit den Nutzern kommuniziert werden. Es ist somit für die Broker leicht, stets den Überblick über die Kundenportfolios zu haben. Gleichzeitig wird der administrative Aufwand minimiert.
Wie läuft das Geschäft mit der Versicherungsbroker-App? Michael John: FinanceFox hat im Mai bereits das Akquisitionsziel für das ganze Jahr erreicht. Derzeit wird an der Konsolidierung des Markterfolgs und namentlich an der Weiterentwicklung des Tools gearbeitet. Denn die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung sind noch lange nicht ausgeschöpft. Untersuchungen zeigen, dass die digitale Betreuung der Versicherungskunden ein enormes Potenzial hat. Es gilt somit: Die Zukunft gehört der Digitalisierung in Kombination mit persönlichen Beratungsdienstleistungen.
Welches sind generell die grössten Herausforderungen des Versicherungsbrokermarkts? Michael John: Der Versicherungsbrokermarkt steht vor zwei grossen Herausforderungen. Das ist erstens die Fragmentierung: Die einzelnen Broker im Schweizer Markt sind klein, der Markt sehr zerstückelt. Um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, braucht es eine gewisse Grösse und Vernetzung innerhalb der Branche. Zweitens hinkt der Versicherungsmarkt bei der Digitalisierung vielen anderen Branchen hinterher. Das bietet Angriffsflächen für clevere topdigitalisierte branchenfremde Anbieter aus anderen Märkten, die gerne an den immer noch interessanten Margen im Versicherungsmarkt beteiligt wären.
Was sind die Konsequenzen aus diesem Befund? Michael John: Versicherungsbroker müssen Lösungen finden, um ihre Administrations- und Transaktionskosten zu senken und ihre knappen Ressourcen auf die bestmögliche Beratung und Betreuung der Kunden auszurichten. Mit der Versicherungsbroker-App wird angestrebt, die notwendige Brücke zwischen der digitalen Welt und dem Plus aus der persönlichen Beratung zu schaffen.
Noch ein zündender Schlussgedanke? Michel John: Die Zukunft der Versicherungsbranche ist digital. Es ist an der Zeit, dass sich die klassischen Versicherungsdienstleister mit den neuen Lösungen am Markt auseinandersetzen und deren Vorteile für sie erkennen. Wer diese Herausforderung nicht rechtzeitig anpackt, gefährdet seine Zukunft.
In den normalen Betriebsunterbruchversicherungen ist das Pandemierisiko nicht enthalten. Denn hier geht es nur um Sachschäden, die einen Betriebsunterbruch verursachen. Vor der Coronakrise konnten namentlich Gastrobetriebe Bäckereien Metzgereien oder Kantinenbetriebe den Betriebsunterbruch zusätzlich wegen einer Epidemie versichern. Aber auch in diesen Versicherungen sind Pandemien in der Regel ausgeschlossen. Lesen Sie, weshalb Privatversicherer das Pandemierisiko aus versicherungstechnischen Gründen nicht generell abdecken können.
Extremereignis, das versicherungsmathematisch nicht kalkulierbar ist
In der Versicherungsbranche können die Risiken einer Pandemie in der Regel nicht von einer Betriebsunterbruchversicherung gedeckt werden. Der Grund: Pandemien gehören als Extremereignis zu den nur sehr beschränkt versicherbaren Ereignissen, da sie versicherungsmathematisch nicht kalkulierbar sind. Das Ereignis tritt rund um den Globus auf. Der für Versicherungen wichtige Grundmechanismus des Ausgleichs in einem Risikokollektiv funktioniert hier mithin nicht: Alle sind gleichzeitig betroffen. Aus diesem Grund sind Risiken wie Pandemien durch einen Privatversicherer nicht tragbar und beispielsweise von den normalen Betriebsunterbruchversicherungen als versichertes Ereignis ausgeschlossen. Das heisst konkret: Betriebsunterbrüche wegen des Coronavirus werden von den normalen Betriebsunterbruchversicherungen nicht gedeckt. Bei diesen Versicherungen geht es nur um vorangehende Sachschäden, die auf Diebstahl, Brand, Sturm oder andere Naturgefahren zurückgehen und die dann einen Betriebsunterbruch verursachen. Das Gleiche gilt für All-Risk-Deckungen, Inventarversicherungen, Gebäudeversicherungen oder Technische Versicherungen.
Derzeit keine Versicherung von Epidemierisiken möglich
Derzeit können bei den Versicherern in der Schweiz Epidemierisiken nicht mehr versichert werden: Alle haben für dieses Risiko einen Zeichnungsstopp verhängt.
Lebensversicherer und Krankenversicherer müssen das Pandemierisiko tragen
Im Gegensatz zu den normalen Betriebsunterbruchversicherungen und den weiteren Sachschadenversicherungen ist in den Lebensversicherungen und den Krankenversicherungen das Pandemierisiko per se enthalten. Bei der Leistungspflicht dieser Versicherungen ist es nämlich unerheblich, ob die Leistungen wegen eines Herzinfarkts, einer Krebserkrankung oder einer neuartigen Infektionskrankheit fällig werden.
Dr. Michael Ackermann, 59-jährig (Bild), hat ursprünglich Geschichte und Volkwirtschaft studiert und in Geschichte promoviert. Die Informationstechnologie hat er bei IBM zuerst als System Engineer und später mit dem Aufbau des Schweizer Outsourcing-Geschäfts im Client-Server-Bereich verinnerlicht. 2012 hat er zusammen mit zwei Partnern das Beratungsunternehmen Metagon AG in Zürich gegründet. Metagon begleitet Unternehmen bei der Auswahl von Business Software und IT-Outsourcing-Dienstleistungen. Im Gespräch mit den «winVS-E-News» unterstreicht Michael Ackermann, dass man sich wegen der Coronakrise nicht von der Durchführung wichtiger IT-Projekte abhalten lassen soll.
Herr Dr. Ackermann, was ist und was macht die Metagon AG?
Dr. Michael Ackermann: Metagon ist ein unabhängiges Beratungsunternehmen, das sich auf die Abstimmung der Informationstechnologie IT auf das jeweilige Geschäft von Unternehmen und Organisationen spezialisiert hat. Mit sieben Mitarbeitenden und im Eigentum der drei Gründungspartner legen wir als «Boutique» Wert darauf, jedem Kunden bei jedem spezifischen Thema eine massgeschneiderte Beratung zu liefern.
Was für Unternehmen werden beraten?
Dr. Michael Ackermann: Wir beraten Unternehmen aller Art, öffentliche Verwaltungen Nichtregierungsorganisationen und Verbände in der Evaluation und meist auch als Projektleiter in der Einführung ihrer IT-Infrastruktur und von anspruchsvollen Softwarelösungen. Typische Anwendungen sind dabei Enterprise-Resource-Planning ERP, Customer-Relationship-Management CRM, Enterprise-Content-Management-Systeme ECM, Dokumentenmanagementsysteme DMS oder Branchen-Kernsysteme wie beispielsweise solche für Versicherungsbroker.
Weshalb kommen Unternehmen zu Ihnen?
Dr. Michael Ackermann: Eine typische mittelständische IT-Organisation evaluiert und realisiert alle paar Jahre ein grösseres IT-Projekt, sei es für Software oder für Infrastruktur. Wir führen jährlich viele Evaluationen und Einführungsprojekte durch. Dadurch haben wir die Expertise, um sicherzustellen, dass unsere Kunden die Lösung bekommen, die sie brauchen, und zwar zu einem kompetitiven Preis.
Welcher Nutzen entspringt Ihrer Beratung?
Dr. Michael Ackermann: Die Marktchancen werden gesteigert, die Effizienz erhöht, die Projekte sicherer und schneller eingeführt, die Kosten gesenkt. Wir können fast immer belegen, dass wir durch kompetitive Ausschreibungen und konsequentes Verhandeln für unsere Kunden mehr herausgeholt haben, als unsere Beratung kostete. Die Projektbegleitung lohnt sich also nicht nur qualitativ, sondern auch finanziell.
Was hat die laufende Coronakrise für Auswirkungen auf die Metagon?
Dr. Michael Ackermann: Wie alle Unternehmen waren wir zu Beginn der ersten Welle unsicher, was die Auswirkungen sein würden. Wir haben dann rasch gesehen, dass wir geschäftlich praktisch unbehelligt bleiben werden. Da wir für die Zusammenarbeit von Anfang an auf Cloudlösungen gesetzt haben, mussten wir keine neuen Vorkehrungen treffen. Wir haben auch keine Kurzarbeit anmelden müssen, im Gegenteil: Wir haben unser Team mit zwei jungen Mitarbeitenden verstärkt.
Was hat die Coronakrise für Auswirkungen auf die Art der Ihnen anvertrauten IT-Projekte, auf den Zeitablauf der Projekte und den Projekterfolg?
Dr. Michael Ackermann: Das ist das eigentlich Verrückte: Die Coronakrise hat sich auf unser Geschäft praktisch nicht ausgewirkt. Auch unsere Befürchtung, dass wir weniger neue Aufträge erhalten würden, weil der Direktkontakt als Vertriebsweg wegfällt, hat sich nicht bewahrheitet. Die laufenden Projekte konnten wir bisher alle nach Plan erfolgreich abschliessen. Denn die Coronakrise zeigt: IT-Projekte lassen sich virtuell genauso effizient durchführen wie Projekte mit ständigen physischen Kontakten. Das ist eine grosse Überraschung für uns. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man sich kennt und vertraut. Für das Aufsetzen eines neuen Projekts mit Mitarbeitenden, die sich noch nicht kennen, ist ein physisches Kennenlernen nach wie vor unabdingbar.
Auf was sollten Versicherungsbroker in dieser Zeit der Coronakrise bei geplanten IT-Projekten besonders achten?
Dr. Michael Ackermann: Es ist eine Tatsache: Die Gefahr von Missverständnissen bei virtuellen Meetings ist höher, weil man die Mimik und Gestik der Teilnehmenden auf dem Bildschirm weniger gut lesen kann. Deshalb gilt: Wenn etwas nicht ganz klar ist, ist eine klare Kommunikation mit entsprechenden Rückfragern in diesen Coronazeiten mit den vielen virtuellen Kontakten noch viel wichtiger als in normalen Zeiten. Kommt dazu: Alle Lösungen müssen zwingend so aufgesetzt werden, dass sie von den Mitarbeitenden jederzeit überall einfach und zuverlässig genutzt werden können.
Ihre Schlussbemerkungen an unsere Leserinnen und Leser?
Dr. Michael Ackermann: Passen Sie auf sich auf und lassen Sie sich nicht durch die besonderen Umstände der Coronakrise von der Durchführung wichtiger informationstechnologischer Projekte abhalten. Wenn Änderungen in der Informationstechnologie anstehen, dann macht es immer Sinn, die Sache mit einem erfahrenen Mitarbeitenden eines Beratungsunternehmen wie Metagon zu besprechen. Schon der Dialog kann helfen, ein Thema aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Solche Gespräche sind kostenlos und auch für uns sehr spannend.
Kai Kunze, 48-jährig (Bild), Master in Rechtswissenschaften der Universität Lausanne und Inhaber des Diploms in «Insurance Management» der Universität St. Gallen, hat am 3. Juli 2017 am Sitz des FinTech-Inkubator F10, Zürich, im Auftrag des Versicherungskonzerns Generali das FinTech-Startup «Lings» gegründet. Er als CEO des Startups und seine drei Kollegen in der «Lings»-Geschäftsleitung haben vorher bei Generali eine erfolgreiche Karriere als Führungskräfte und Versicherungsspezialisten durchlaufen. Im Gespräch mit den «winVS-E-News» verrät Kai Kunze, weshalb er es gewagt hat, bei einem unsicheren Startup einzusteigen, und wie er die Zukunft des Versicherungsgeschäfts sieht. Lesen Sie seine Antworten auf unsere Fragen.
Kai Kunze, weshalb sind Sie beim Startup «Lings» eingestiegen? Kai Kunze: Ich bin ein Versicherer! Von Schaden, über Produktentwicklung, Vertriebsleitung und Underwriting habe ich in allen Kernfunktionen der Assekuranz gearbeitet. Dabei habe ich gelernt, wie wichtig ein richtiger Versicherungsschutz ist. Leider nehmen die Kunden ihre Versicherung jedoch nach wie vor eher als notwendiges Übel wahr. Mit «Lings» habe ich die einmalige Chance, die Assekuranz neu zu definieren. Ziel ist es, dass unsere Kunden ihre Versicherung lieben! Wie ist «Lings» entstanden? Kai Kunze: Die Kunden von Generali teilen ihrem Versicherer regelmässig mit, was sie von ihm erwarten. Mit den bestehenden informationstechnologischen(IT) Systemen, Prozessen und Zielen ist es jedoch sehr schwer, wirklich Neues umzusetzen. Dazu hat ein grosser Versicherungskonzern nicht die Einstellung, einfach ein «Minimal Viable Product» (MVP), ein "minimal überlebensfähiges Produkt", in den Markt zu stellen und mit den Kunden weiterzuentwickeln oder bei einem Misserfolg rasch und günstig einzustampfen. Diese Ausgangslage hat Generali dazu bewogen, das Startup «Lings» ins Leben zu rufen. Was ist der Auftrag an «Lings»? Kai Kunze: Der Auftrag der Geschäftsleitung von Generali war recht einfach und mutig: „Ihr verlasst eure bisherigen Jobs, habt neun Monate Zeit, um was zu entwickeln, und ihr müsst in der Zwischenzeit nichts rapportieren.“ So hat «Lings» am 1. Juli 2017 mit einem weissen Blatt angefangen. Rund vier Monate später sind wir mit der ersten Schweizer On-demand-Versicherung für Gegenstände in den Markt gegangen. Die Aufstellung unseres Startups ist nicht mit Generali vergleichbar, dennoch kann das Mutterhaus von uns lernen, insbesondere auch von unseren Fehlern! Wie ist «Lings» finanziert? Kai Kunze: Zum Start im Juli 2017 wurde «Lings» mit einem Budget ausgestattet, das für ein Startup recht komfortabel ist - gegenüber meinem letzten “Corporate”-Budget als Head Underwriting jedoch im Rundungsbereich lag. Aufgrund unseres erfolgreichen Starts im Markt hat uns Generali nun weiter bis Ende 2018 finanziert. Wir sind nun auch dran, die Rechtsform anzuschauen. Ziel ist es, im Jahr 2018 eine Filiale von Generali zu werden. Unter https://www.lings.ch wird eine Kameraausrüstungsversicherung angeboten: Was ist das Innovative an diesem Angebot? Kai Kunze: Bei uns entscheidet der Kunde darüber, wann er den Versicherungsschutz braucht. Diesen kann er jederzeit auf seinem Smartphone aktivieren und deaktivieren. Der Versicherungsschutz ist umfassend und wir setzen auf Transparenz. Sogar unsere Allgemeinen Bedingungen sind so einfach geschrieben, dass unsere Kunden sie auch wirklich lesen. Schlussendlich haben wir keinen Zielkonflikt mit unseren Kunden, da wir einen fixen Kostenanteil für uns beanspruchen. Sollten unsere Prämieneinnahmen höher sein als die Schadenbelastung, spenden wir den Überschuss an ein gemeinnütziges Werk. Wir verdienen also nichts daran, Schäden abzulehnen. Weshalb gerade Kameras als Einstieg? Kai Kunze: Ja, weshalb gerade Kameras: Uns ist es wichtig, die Bedürfnisse unserer Kunden zu verstehen. Dafür gehen wir sehr zielgerichtet in den Markt. Da Roger Schüeber, unser Chief Marketing Officer, leidenschaftlich gern fotografiert, war ein Einstieg in der Community der Menschen, die gerne Fotografieren, ein logischer Schritt. Jetzt sind wir dran, weitere Communities zu entwickeln. Wir werden schon bald wesentlich breiter auftreten. Welche vielversprechenden Versicherungsinnovationen hat «Lings» denn im Köcher? Kai Kunze: Wir haben eine lange Liste an Ideen, die wir gerne umsetzen möchten. Das tun wir aber nur, wenn es für unsere Kunde auch Sinn macht. Also anstatt selbstverliebt jetzt einfach mit unseren Ideen in den Markt zu gehen, sprechen wir mit unseren Kunden und priorisieren gemeinsam, was wir als Nächstes tun. Die kommenden Monate werde dabei primär auf die kontinuierliche Verbesserung des Kundenerlebnisses zielen. Zudem müssen wir nun auch in unsere Administration investieren, da wir viel mehr Kunden als erwartet haben. Wie werden sich FinTech-Lösungen im Versicherungsbereich auf das klassische -Versicherungsgeschäft auswirken? Kai Kunze: Im Bereich der Finanztechnologie oder abgekürzt FinTech gibt es im Versicherungsbereich sehr viele interessante Entwicklungen, aber eben auch sehr viel Hype und Lösungen, die am Kunden vorbeizielen. Die meisten FinTech-Lösungen besetzen die Nische der Kundenbeziehung. Dies, weil die klassische Assekuranz weiterhin zu kompliziert und zu distanziert agiert. Die FinTech-Lösungen zielen meist darauf ab, schneller und kundenorientierter zu arbeiten. Dies wird nicht ohne wesentliche und schmerzhafte Anpassungen in den Organisationen der Versicherer gehen. FinTechs haben somit eine grosse Chance, einen Teil der Wertschöpfungskette im Versicherungsgeschäft zu besetzen. Bei den Brokern und Vermittlern wird deshalb die Spezialisierung weitergehen müssen. Vermittler müssen sich dringend überlegen, welche Leistungen sie für den Kunden besser und effizienter als eine elektronische Applikation oder ein Vergleichsdienst anzubieten vermögen. Wie werden sich FinTech-Versicherungslösungen mit Angeboten wie Airbnb vereinen? Kai Kunze: Was wir von Angeboten wie Airbnb, ein Community-Marktplatz für die Buchung und Vermietung von privaten Unterkünften, lernen können: Man muss sich konsequent auf das Kundenbedürfnis ausrichten. Zudem löst eine temporäre Miete sowohl für den Vermieter wie für den Mieter das entsprechend temporäre Bedürfnis nach einem leicht buchbaren temporären Versicherungsschutz aus. Könnten Sie sich dafür auch eine Gratisversicherung vorstellen, die sich über Werbung finanziert? Kai Kunze: Eine werbefinanzierte Gratisversicherung widerspricht allem, was wir bislang im Versicherungsgeschäft kennen. Ich habe so ein Bauchgefühl, eine Gratisversicherung die sich beispielsweise über Werbung finanziert, könnte schon bald kommen. Darauf hätte zurzeit kein bestehender Versicherer eine Antwort. Wie stellen Sie sich denn das Versicherungsgeschäft der Zukunft vor? Kai Kunze: Das Grundbedürfnis nach Versicherungsschutz in vielen Lebensbereichen wird es immer geben. Ich glaube, es werden künftig sehr viele einfach buchbare, an Ereignisse gebundene und mithin temporäre Versicherungslösungen aufkommen, zum Bespiel: ein temporärer Rundumschutz für die Ferien, für ein Wagnis, die Miete eines Objekts oder den Transport mit einem Transportmittel. Ein anderes Zukunftsthema ist es, ob neue Technologien wie die Blockchain es erlauben, Versicherungen ohne Versicherer anzubieten. Für einfache, klare Schutzbedürfnisse geht das jetzt schon, für komplexere Ereignisse noch nicht. Ein zündender Gedanke, den Sie aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen mit FinTech-Lösungen unbedingt an unsere Leserinnen und Leser weitergeben wollen? Kai Kunze: Wenn ich meine Arbeit im klassischen Unternehmen mit den Erfahrungen im Startup vergleiche, ist mein Tipp an alle Unternehmen: Macht Eure eigenen internen Startups! Ihr könnt so viel lernen und gewinnen. Und generell: Einfach weniger diskutieren und mehr tun!
Seit dem 1. Januar 2020 sind das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) zusammen mit ihren Ausführungsverordnungen in Kraft. Dank erfolgreicher Interventionen des Schweizerischen Versicherungsverbands SVV und der Swiss Insurance Brokers Association SIBA ist die Versicherungswirtschaft dem FIDLEG nicht unterstellt. Das FIDLEG enthält Verhaltensregeln, die Finanzdienstleister ausserhalb des Versicherungsgeschäfts gegenüber ihren Kunden nach Ablauf einer meist zweijährigen Übergangsfrist einhalten müssen. Das FINIG vereinheitlicht die Finanzmarktaufsicht(FINMA)-Bewilligungsregeln für Finanzdienstleister wie Vermögensverwalter, Verwalter von Kollektivvermögen, Fondsleitungen und Wertpapierhäuser.
Einheitliche Wettbewerbsbedingungen und Kundenschutz
Das Finanzdienstleistungsgesetz FIDLEG soll innerhalb der Übergangsfrist von mehrheitlich zwei Jahren der Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen und der Verbesserung des Kundenschutzes dienen, wozu es den unterstellten Finanzdienstleistern neue aufsichtsrechtliche Verhaltensregeln auferlegt. Im Zentrum stehen Informations- und Erkundigungspflichten, da Kunden für eine informierte Anlageentscheidung auf ausreichende Informationen über ihren Finanzdienstleister sowie über die erhältlichen Finanzdienstleistungen und Finanzinstrumente angewiesen sind. Sodann verpflichtet das FIDLEG Finanzdienstleister hinsichtlich ihrer Kunden Angemessenheits- und Eignungsprüfungen durchzuführen sowie zur Dokumentation und Rechenschaft.
Kundenindividualität berücksichtigen
Neu müssen die dem FIDLEG unterstellten Finanzdienstleister von Gesetzes wegen die Kenntnisse, Erfahrungen, finanziellen Verhältnisse und Anlageziele ihrer Kundinnen und Kunden berücksichtigen. Die gesetzlichen Verhaltens- und Produktvorschriften sind dem jeweils angesprochenen Kundensegment angepasst, wobei zwischen Privatkunden und professionellen Kunden unterschieden wird.
Vereinheitlichte Prospektanforderungen, Ombudsstellen, Prozesskosten
Das FIDLEG führt für sämtliche Effekten, die öffentlich angeboten oder an einem Handelsplatz gehandelt werden, vereinheitlichte Prospektanforderungen ein. Neben die Prospektvorschriften tritt die Pflicht zur Erstellung eines Basisinformationsblatts, sofern Privatkunden komplexere Finanzinstrumente angeboten werden. Damit einzelne Kunden einfacher gegen ein allfälliges Fehlverhalten ihres Finanzdienstleisters vorgehen können, sieht das FIDLEG eine Stärkung der Ombudsstellen vor, indem sich alle Finanzdienstleister einer Ombudsstelle anschliessen müssen und die Ombudsstellen einer behördlichen Anerkennung bedürfen. Um der Problematik des Prozesskostenrisikos im Zivilprozess zugunsten der klagenden Privatkunden entgegen zu wirken, wird überdies für bestimmte Streitigkeiten mit Finanzdienstleistern, Finanzinstituten, Banken und Versicherungsunternehmen eine Befreiung von der Pflicht zur Leistung von Prozesskostenvorschüssen und Sicherheiten vorgesehen.
Regelung der Aufsicht
Das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) regelt die Aufsicht über sämtliche Finanzdienstleister, die ausserhalb des Versicherungsgeschäfts in irgendeiner Form das Vermögensverwaltungsgeschäft betreiben, in einem einheitlichen Erlass.
Software winVS next unterstützt Teile der neuen Verhaltensregeln gemäss FIDLEG
Finanzdienstleister, die dem Finanzdienstleistungsgesetz FIDLEG unterstellt sind und die die Software winVS next nutzen, werden von dieser Software bei neuen Pflichten wie der obligatorischen Datenaufzeichnung und Datenaufbewahrung unterstützt.
Das Rad dreht schneller und zur klassischen Website gesellen sich Apps, Chats, soziale Medien, Online-Communities und in Zukunft bestimmt noch mehr. Alles Kontaktpunkte und Informationsquellen, die nebst papierbasiertenDokumenten und Daten, den Eintritt ins CRM suchen, damit für alle Parteien der rösstmögliche Nutzen entsteht. Damit einher gehen neue Technologien wie z.B. Big Data und Analysetools, die ebenfalls mit dem CRM erbunden werden sollten. Der Kern alles Geschehens sind und bleiben aber die Daten. Daran ändert auch die Digitalisierung nichts. Wohl aber an der Sicht auf die Kunden und die Kooperationspartner. Und das wiederum verändert die Interaktion mit denselben und erfordert auch in Bezug auf die Datensicherheit ein Konzept.
Wer darf und wer darf nicht? Customer Relationship Management ist immer auch ein Datensicherheits- und Datenschutzthema. Natürlich muss zum Beispiel im Call Center ein Mitarbeiter wissen, mit wem er es zu tun hat, was alles versichert ist, was die aktuelle Situa- tion ist und welche Angebote dem Kunden unterbreitet wurden. Der Anrufer erwartet schliesslich, dass er erkannt wird und dass ihm bei seinem Anliegen geholfen wird respektive sich nach dem Gespräch eine für ihn zufriedenstellende Lösung abzeichnet. Dasselbe gilt im Kontakt mit dem Aussendienst oder bei Marketingkampagnen, die den Kunden auf verschiedensten Kanälen erreicht. Er will richtig angesprochen werden. Die Frage: «Wer braucht welche Daten wirklich und wer darf welche Daten sehen?» muss mit der Digitalisierung und dem ganzen Big-Data-Thema in den Vordergrund rücken. Auch wenn im Gegensatz zu Deutschland, wo Konsumenten nicht selten abmahnen oder vor Gericht klagen, in der Schweiz rechtliche Schritte wegen Datenmissbrauch nicht an der Tagesordnung sind. Vor allem in Bezug auf das Thema Big Data müssen Richtlinien entwickelt werden, die alle Datensilos berücksichtigen. Gartner empfiehlt hierzu CIOs, mit vertrauenswürdigen Teammitgliedern zusammenzuarbeiten, um eine unternehmensweite Politik für Datensicherheit zu entwickeln. Und das betrifft auch CRM.
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