Marco Keller, 43-jährig (Bild), ist Chief Operating and Digital Officer der unabhängigen Versicherungsbrokergruppe ARISCO, Rotkreuz. Das 2011 aus der Zusammenfassung von Brokern und Beratern entstandene Unternehmen mit rund 50 Mitarbeitenden und Standorten in Rotkreuz, Egg und Herisau hat nicht zuletzt dank der im August 2019 gestarteten Brokersoftware «winVS next» die Coronakrise bislang gut bewältigt. Der Versicherungsfachmann und diplomierte Betriebswirtschafter der Fachhochschule für Wirtschaft in St. Gallen erläutert im dritten Gespräch mit den «winVS-E-News», weshalb sein Unternehmen auf Corona-Kurzarbeit verzichtet hat und welches die grössten Herausforderungen des Versicherungsbrokergeschäfts sind.
Marco Keller, welche Auswirkungen hatte der Ausbruch der Coronakrise auf Ihr Unternehmen?
Marco Keller: Unmittelbar vor dem Schweizer Lockdown haben wir für den Grossteil der Belegschaft Homeoffice angeordnet. An den Standorten Rotkreuz, Herisau sowie Egg bei Zürich waren lediglich noch einzelne Mitarbeiter vor Ort, namentlich zur Sicherstellung des Postdienstes. Dank der Einführung der Brokersoftware «winVS next» im August 2019, der Digitalisierung der Kundendossiers anfangs 2020 sowie unserer Internettelefonie-Lösung waren die Erreichbarkeit und die Auskunftsbereitschaft jederzeit gewährleistet. Die Kundenanliegen konnten somit in gewohnter Qualität und Geschwindigkeit bearbeitet und erledigt werden. Mittels wöchentlicher Teamtelefonkonferenzen war der interne Informationsfluss gewährleistet. In der Zwischenzeit wurde auch Microsoft Teams eingeführt, um Videokonferenzen durchführen zu können.
Haben Sie für Teile der Mitarbeitenden Kurzarbeit beantragt?
Marco Keller: Wir haben die Frage der Kurzarbeit eingehend geprüft. Wir kamen zum Schluss, aufgrund unserer gesunden finanziellen Verfassung sei Kurzarbeit nicht notwendig.
Gab es neben der Coronakrise markante Entwicklungen in Ihrem Unternehmen?
Marco Keller: Unmittelbar vor dem Lockdown haben wir die Standorte Zug, Adligenswil und Zürich in der «Suurstoffi» in Rotkreuz zusammengeführt. Zudem wurde zeitgleich unser neuer Marken- und Webauftritt lanciert. Des Weiteren haben wir unser Team während der Coronazeit wie geplant ergänzt und vervollständigt.
Wie hat sich die neue Brokersoftware «winVS next» während der Coronakrise bewährt?
Marco Keller: Die Brokersoftware «winVS next» bewährt sich in der Homeoffice-getriebenen Coronazeit bestens. Alle Mitarbeitenden haben jederzeit Zugriff auf die aktuellen Kundendaten. Die Software läuft sehr stabil und ist seit der Inbetriebnahme im letzten August stets ohne Unterbruch verfügbar. Eine Einschränkung gibt es leider immer noch: Der grosse Umfang der Software bereitet einzelnen Mitarbeitenden nach wie vor Mühe, die nötigen Informationen schnell zu finden. An diesem Punkt arbeiten wir.
Welches sind besondere Stärken von «winVS next»?
Marco Keller: Die Weiterentwicklung in den Bereichen Workflows und Dialoge bringt eine erhebliche Steigerung der Effizienz. Einer unserer derzeitigen Schwerpunkte ist es, hier die vollen Vorteile der Software für unser Unternehmen nutzbar zu machen. Zum Teil ist es allerdings überraschend, dass gewisse Daten noch nicht wie erwartet ausgewertet werden können. In enger Zusammenarbeit mit «winVS» arbeiten wir daran, die noch vorhandenen Lücken zu schliessen.
Welches sind die wesentlichen Vorteile zu früher?
Marco Keller: Ein wesentlicher Vorteil ist, dass wir nun sämtliche Kundendaten im gleichen System haben. Aufgrund unserer Unternehmensgeschichte waren diese Daten bis letzten August in vier verschiedenen Systemen gespeichert. Das erschwerte die Führung des Unternehmens sowie die Kundenbetreuung. Ein weiterer Vorteil ist die erheblich bessere Visibilität der pendenten Aufgaben, Kundenprojekte, Akquisitionsaktivitäten, verrechenbaren Leistungen und so weiter.
Wird die Coronakrise die Digitalisierung im Versicherungsbrokergeschäft beschleunigen?
Marco Keller: Ja, davon bin ich überzeugt. Die Coronakrise hat gezeigt, wie wichtig es ist, die relevanten Daten jederzeit und von überall digital zur Verfügung zu haben, und zwar auf möglichst sichere Art und Weise. Die Krise hat uns auch gelehrt, dass bei einem solchen Schock der Wille und die Bereitschaft, den Weg der Digitalisierung soweit wie möglich zu gehen, in der ganzen Wirtschaft stark wächst. Zudem wurde in der Coronakrise bei vielen Gelegenheiten aufgezeigt, wie erfrischend pragmatisch neue Tools und Systeme eingeführt werden können, beispielsweise Microsoft Teams oder eine TracingApp.
Was sind neben der Coronakrise derzeit die grössten Herausforderungen des Versicherungsbrokergeschäfts?
Marco Keller: Im gesättigten Versicherungsbrokergeschäft nehmen der Konkurrenzdruck und der Margendruck unaufhaltsam zu. Es braucht deshalb laufend einen innovativen, digitalisierten Ausbau des Dienstleistungsangebots, um die bestehenden und neuen Kundinnen und Kunden bei der Stange zu halten.
Ihre Schlussbotschaft an die Leserinnen und Leser?
Marco Keller: Bleiben Sie gesund - und tun wir alle unser Möglichstes, damit die Folgen der Coronakrise nicht so einschneidend sein werden, wie es die Analysten teilweise in Aussicht stellen.
Das ist die ARISCO-Gruppe
Die ARISCO-Gruppe unter dem Dach der ARISCO Holding AG, Baar, entstand 2011 aus der Zusammenfassung einer Reihe von erfolgreichen und langjährig im Markt tätigen Broker- und Beratungsunternehmen, die schon früher eng miteinander zusammengearbeitet hatten. Mit Standorten in Rotkreuz, Egg sowie Herisau und rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört die Gruppe im nationalen Rahmen zu den grössten unabhängigen Unternehmen der Branche. Sie verfügt damit auch über direkte Kontakte zu allen wesentlichen Anbietern von Versicherungsleistungen auf dem schweizerischen Markt. Die ARISCO Holding AG ist mehrheitlich im Besitz der aktiv im Unternehmen tätigen Leitungspersonen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Möglichkeit, sich am Unternehmen zu beteiligen. Zurzeit umfasst das Aktionariat rund 20 Personen. Davon sind lediglich fünf Aussenstehende. Die ARISCO-Gruppe ist schweizerischer Partner der weltweit in 120 Ländern tätigen UNIBA Gruppe und hat damit einen etablierten Zugriff auf ein internationales Netzwerk mit Know-how auch für ausgesprochene Spezialsituationen.
Andreas Merz (Bild), Mitgründer der winVS software AG sowie Gründer und Leiter von deren Schwesterunternehmen META10, unterstreicht in seinen zahlreichen Informationsveranstaltungen immer wieder: «Für kleinere und mittlere Dienstleistungsunternehmen, wie es auch die Versicherungsbroker sind, haben die unternehmenseigenen Server ausgedient. Denn nach Abwägen aller Für und Wider lohnt es sich, auf die Secure Cloud umzusteigen. Lesen Sie, weshalb das so ist.
Informationstechnologie (IT) in der Secure Cloud
Die META10 AG bietet den dienstleistungsorientierten Schweizer Klein- und Mittelunternehmen seit vielen Jahren die für sie maximal abgesicherte, jederzeit upgedatete und branchengerechte informationstechnologische(IT) Infrastruktur in der Secure Cloud – und zwar so kostengünstig wie möglich. Mit dieser Lösung nutzen die Unternehmen in ihren Büros sowie überall auf der Welt nur noch die Endgeräte wie Desktop, Smartphone oder Tablet sowie Scanner und Drucker. Die unternehmenseigenen Server haben bei der Secure Cloud ausgedient. Die stets auf den neusten Stand upgedateten Programme laufen über eine Internetverbindung in gesicherten Schweizer Rechenzentren, wo auch die Daten nach allen Regeln der Kunst und gemäss den gesetzlichen Auflagen in der Schweiz redundant gespeichert werden.
Industrialisierung senkt die Kosten
META10-Leiter Andreas Merz verweist jeweils zur Erklärung der in langen Jahren eigenentwickelten Secure Cloud-Lösung auf die Analogie zu den Skaleneffekten in der Automobilindustrie: «Wir warten und updaten alle benötigten Programme und tätigen alle Schutzmassnahmen und Backups für die Sicherheit von Daten und Systemen sozusagen im industriellen Ausmass für alle Kunden in unseren Rechenzentren. Da entstehen für jeden einzelnen Arbeitsplatz erhebliche Einsparungen gegenüber dem klassischen Vorgehen mit einer unternehmenseigenen informationstechnologischen Infrastruktur.»
Anwälte, Treuhänder, Verwaltungen, Berater aller Art und eben auch Versicherungsbroker
Unternehmen, die sich für die Secure Cloud entscheiden, erhalten Zugriff auf einen passwortgeschützten Desktop. Dort lassen sich für jeden Arbeitsplatz genau diejenigen Programme aktivieren, die an diesem Arbeitsplatz wirklich genutzt werden. Das sind die allgemein üblichen Programme und natürlich die branchenspezifischen Programme – bei den Versicherungsbrokern namentlich die Brokersoftware. Bezahlt wird dann pro Arbeitsplatz nur für die Nutzung der Programme, die auf diesem Arbeitsplatz aktiviert sind. Alles ist auf den Programmnutzungsbedarf der jeweiligen Mitarbeitenden massgeschneidert.. Das eignet sich besonders für Anwälte, Treuhänder, Berater aller Art, Unternehmen aus Finanzen, Immobilien und Personalvermittlung - sowie eben auch für die Versicherungsbroker.
Marco Keller, 39-jährig (Bild), ist Leiter Finanzen und Administration der Versicherungsbrokergruppe ARISCO, Baar. Das aus der Zusammenfassung von Brokern und Beratern entstandene Unternehmen mit rund 50 Mitarbeitenden und Standorten in Zug, Luzern, Zürich, Egg, Adligenswil und Herisau hat ein neues informationstechnologisches(IT) System evaluiert. Der Versicherungsfachmann und diplomierte Betriebswirtschafter der Fachhochschule für Wirtschaft in St. Gallen erläutert im Gespräch mit den winVS-E-News, auf was Versicherungsbroker bei einer umfassenden IT-Erneuerung zu achten haben.
Marco Keller, was sind derzeit im Bereich der unabhängigen Versicherungsbroker die grössten Herausforderungen in der Schweiz?
Marco Keller: Die Anforderungen der Kunden in den Bereichen der Qualität der Beratungsdienstleistung, der Verfügbarkeit von Informationen sowie der Erreichbarkeit und der Reaktionszeit steigen. Gleichzeitig kommt das klassische Entschädigungsmodell der Courtagen unter Druck und kostentreibende regulatorische Auflagen nehmen zu. Überdies ist es schwierig, genügend ausgebildete Fachkräfte zu rekrutieren. Trotz allem bleibt die Branche für die Anbieter attraktiv und der Konkurrenzdruck nimmt zu.
Was haben die Branchenherausforderungen für Auswirkungen auf die notwendige Informationstechnologie?
Marco Keller: Die Versicherungsbroker müssen mit der modernsten digitalen Technologie die administrativen Aufgaben und Prozesse standardisieren. Das betrifft namentlich auch die Beziehungen zwischen Kunde, Broker und Versicherer. Im Mittelpunkt steht dabei die Sicherung der Qualität des Beratungsprozesses, der standortunabhängige Zugriff auf alle relevanten Daten sowie die zeitnahe Auskunftsbereitschaft. Das Management muss jederzeit auf alle notwendigen Informationen zugreifen können. Die Aufwendungen und Erträge pro Kunde müssen transparent sein. Kommt dazu: Die gesamte eingesetzte Informationstechnologie muss den strengstens Ansprüchen des Datenschutzes genügen.
Weshalb haben Sie Ihre informationstechnologische(IT) Infrastruktur neu evaluiert?
Marco Keller: Infolge der Fusion von vier eigenständigen Unternehmen Mitte 2011 sowie der Übernahme eines weiteren Anbieters 2013 nutzt die ARISCO-Gruppe zurzeit vier verschiedene Kundenverwaltungssysteme von drei Anbietern. Um die tägliche, abteilungsübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe zu fördern sowie die relevanten Führungsinformationen auf einheitliche Art und Weise zu generieren, wurde eine neue Software evaluiert. Damit wird vorab die Zusammenführung der vier bestehenden Systeme angestrebt. Des Weiteren soll die neue Software unser Unternehmen in den Bereichen Prozess- und Dokumentenmanagement voranbringen.
Worauf haben Sie bei dieser Evaluation besonders geachtet?
Marco Keller: Aufgrund einer intensiven Analysephase wurden die gruppeninternen Anforderungen an die neue Lösung in einem Pflichtenheft festgehalten. Neben den unternehmenseigenen Zielen wurde dabei besonders auch darauf geachtet, dass die Technologie aktuell ist und aktuell bleiben kann: Die gewählte Software soll ohne Verlust der Updatefähigkeit auf einfache Art und Weise in unserem Sinne weiterentwickelt werden können. Zudem waren in Bezug auf den Anbieter Kriterien wie Grösse, Erfahrung, Projekt- und Supportorganisation von ausschlaggebender Bedeutung.
Wie kam es zum Entscheid nach der Evaluation?
Marco Keller: Aufgrund der Auswertung der Offerten und der Antworten im Pflichtenheft wurde eine Shortlist mit drei Anbietern erstellt. Diese drei Anbieter hatten aufgrund von konkreten Beispielen und Unterlagen der ARISCO-Gruppe zu präsentieren, wie die Anforderungen in ihrem System umgesetzt werden könnten. Anlässlich dieser Präsentation hat die Lösung von «All About Brokers» unser internes Projektteam am besten überzeugt.
Was raten Sie Ihren Berufskollegen aufgrund Ihrer jüngsten Erfahrungen im Hinblick auf die Evaluation eines neuen IT-Systems?
Marco Keller: Wie bei jeder Versicherungsausschreibung ist es auch bei einer Softwarebeschaffung wichtig, sich vorgängig Gedanken zu machen, was konkret gesucht wird und welche Kriterien erfüllt sein sollen und müssen. Des Weiteren hat sich bewährt, ein internes Projektteam zusammenzustellen, das aus den Powerusern der aktuell genutzten Systeme besteht. Dieses Team war bereits bei der Erarbeitung des Pflichtenheftes sowie dem Offertprozess involviert. Es kann nun die Umsetzung des Projektes entscheidend vorantreiben und beeinflussen. Und: Ein derartiges Projekt darf nicht ausschliesslich auf die Kosten reduziert werden. Es ist ebenso wichtig, die Flexibilität der Software sowie den zukünftigen Nutzen abzuschätzen und im Entscheidungsprozess zu berücksichtigen.
Ihr abschliessender Ratschlag an unsere Leserinnen und Leser?
Marco Keller: Ein Softwareprojekt ist immer mit Risiken, aber auch mit Chancen verbunden. Aus diesem Grund ist es ratsam, eine intern breit abgestützte Lösung zu realisieren. Dies hilft, dass die nicht unerheblichen Investitionskosten zu einem nutzbringenden System führen, das die tägliche Arbeit vereinfacht und den Mitarbeitenden die Möglichkeit gibt, die freigewordene Zeit in die Beratung der Kunden zu investieren.
Die ARISCO-Gruppe unter dem Dach der ARISCO Holding AG, Baar, entstand 2011 aus der Zusammenfassung einer Reihe von Versicherungsbroker- und Beratungsunternehmen, die schon früher eng miteinander zusammengearbeitet hatten. Mit Standorten in Zug, Luzern, Zürich, Egg, Adligenswil sowie Herisau und rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört die Gruppe im nationalen Rahmen zu den grössten unabhängigen Versicherungsbrokern. Sie verfügt über direkte Kontakte zu allen wesentlichen Anbietern von Versicherungsleistungen auf dem schweizerischen Markt. Geboten wird ein umfassendes Dienstleistungsangebot in den Bereichen Versicherungen, berufliche und private Vorsorge, Vermögensverwaltung, Regress, Rechtsberatung ausserhalb der Versicherungsdeckung, Absenzen und Case Management. Die ARISCO Holding AG ist mehrheitlich im Besitz der aktiv im Unternehmen tätigen Leitungspersonen. Alle Mitarbeitenden haben die Möglichkeit, sich am Unternehmen zu beteiligen. Zurzeit umfasst das Aktionariat rund 20 Personen. Davon sind lediglich fünf Aussenstehende. Die operativen Tochtergesellschaften ARISCO Versicherungen AG, ARISCO Vorsorge AG, ARISCO Dienstleistungen AG und SEH Versicherungsbroker AG sind zu hundert Prozent im Besitz der Dachgesellschaft.
Ivo Flüeler, was ist und was tut die ARISCO Gruppe?
Ivo Flüeler: ARISCO ist eine auf dem schweizerischen Versicherungs-, Vorsorge- und dem damit zusammenhängenden Dienstleistungsmarkt tätige Gruppe, deren Wurzeln ins Jahr 1982 zurückreichen. Mit ihren Tochtergesellschaften ARISCO Versicherungen AG, ARISCO Vorsorge AG, ARISCO Dienstleistungen AG, ARISCO AG sowie den Geschäftsstellen in Rotkreuz, Egg bei Zürich, Herisau und Luzern gehört die Gruppe im nationalen Vergleich zu den grösseren unabhängigen Unternehmen der Branche. Im Zentrum der Tätigkeit stehen Kundenanliegen rund um die Themen Versicherungen einschliesslich Risiko- und Gesundheitsmanagement, berufliche und private Vorsorge samt Finanzplanung und Vermögensverwaltung. Dazu kommen weitere damit zusammenhängende Beratungsdienstleistungen rund um Fragen der Schadensabwicklung, der Steuern, des Absenzen- und Casemanagement sowie des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Die ARISCO Gruppe hat rund 50 Mitarbeitende und ist Gründungspartner der weltweit in 130 Ländern tätigen UNiBA Gruppe.
Welches sind die hauptsächlichen Auswirkungen der Coronakrise auf ARISCO?
Ivo Flüeler: Die ersten Auswirkungen der zweiten Welle der Coronakrise hatten ihren Anfang im März 2020. Der damals verfügte Lockdown forderte namentlich die sofortige Verschiebung des operativen Betriebes ins Homeoffice. Dies konnten wir ohne grosse Probleme bewältigen, da wir bereits zum Zeitpunkt der ersten Coronawelle alle Kundendossiers digital führten. Auch war bereits das arbeitsplatzunabhängige Arbeiten mittels Fernzugriff eingespielt. Es kamen aber andere Herausforderungen dazu, wie beispielsweise das dezentrale Führen der Teams, die Abdeckung des erhöhten Kommunikationsbedarfs infolge der räumlichen Distanz oder das Verarbeiten und Bearbeiten der immer noch grossen Mengen an physischer Post.
Haben Sie zur Bewältigung all dieser Herausforderungen spezielle Massnahmen ergriffen?
Ivo Flüeler: Bei uns ist es ein zentrales Anliegen, die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden stets im Auge zu behalten. Durch individuelle Coachingangebote und der Förderung von sozialen Kontakten wie beispielsweise durch virtuelle ARISCO-Kaffeepausen haben wir Akzente gesetzt, um den "Corona-Homeoffice-Blues" zu vermeiden. Der extra gebildete ARISCO-Coronakrisenstab steuert und begleitet alle Massnahmen und passt das Schutzkonzept entlang der Bundesratsentscheide laufend an.
Wie wirkt sich die Coronakrise auf den Schweizer Versicherungsmarkt aus?
Ivo Flüeler: Kurzfristig hat die Krise im Versicherungsmarkt deutlich aufgezeigt, dass Pandemien als schwer versicherbares Risiko und zugleich als eines der grössten Risiken in der Schweiz bei den meisten Versicherungsgesellschaften ausgeschlossen sind. Zu Beginn des Lockdowns haben sich viele unserer Kunden an uns gewandt, um zu klären, welche Unterstützung die Versicherungsindustrie ihnen in dieser Pandemie geben kann. Da es keine Pandemieversicherung gibt, sind unsere Möglichkeiten beschränkt.
Gibt es denn bald einmal eine Pandemieversicherung?
Ivo Flüeler: Die laufende Pandemie hat die Grenzen der Versicherbarkeit aufgezeigt. Vertreter verschiedener Departemente sowie der Versicherungsbranche erarbeiteten 2020 unter der Leitung des Eidgenössische Finanzdepartement EFD ein Konzept für eine Pandemieversicherung für Unternehmen. Anschliessend lud das Finanzdepartement Vertreter der Wirtschaft ein, sich dazu zu äussern. All diese Arbeiten und Stellungnahmen finden sich im 69-seitigen Dokument «Projekt ‘Pandemieversicherung’ - Bericht der Arbeitsgruppe». Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe: Zum jetzigen Zeitpunkt fehlen klare Anzeichen, dass die Schweizer Unternehmen grossmehrheitlich eine Pandemieversicherung in dieser Art wollen. Besonders das Obligatorium stösst auf Ablehnung in breiten Kreisen. Die anfallenden Prämien würden in diesem Fall als eine steuerähnliche Abgabe betrachtet. Kommt dazu: Für eine obligatorische Pandemieversicherung müsste voraussichtlich eine Verfassungsgrundlage geschaffen werden. Ergebnis: Der Bundesrat verzichtet darauf, das Konzept einer obligatorischen Pandemieversicherung weiterzuverfolgen. Das Eidgenössische Finanzdepartement EFD bleibt aber mit der Versicherungsbranche in Kontakt und ist offen für allfällige alternative Vorschläge.
Themawechsel: Gibt es wegen Corona Auswirkungen im Bereich der Digitalisierung des Versicherungsgeschäfts?
Ivo Flüeler: Die Coronakrise wird auch in der Versicherungsindustrie als Treiber der Digitalisierung wirken. Ich denke da an Schnittstellen und Prozesse zwischen den Brokern, Versicherungsgesellschaften und Softwareanbietern, welche weiter ausgebaut und professionalisiert werden. Zudem hat das Arbeiten im Homeoffice das digitale Bewältigen des Alltagsgeschäfts entscheidend nach vorne gebracht.
Und wie steht es im Bereich der Kundenbeziehungen und des Kundenverhaltens?
Ivo Flüeler: Ich erwarte weitere Veränderungen im Kundenverhalten. Dies namentlich in Bezug auf den Einfluss, den die beschleunigte Digitalisierung auf die «Customer Journey» hat, die Schritte des Kunden, bevor er sich für den Kauf eines Produktes entscheidet. Die Anforderungen an die Formen und Fähigkeiten, den Kunden professionell und umfassend zu beraten, werden anspruchsvoller, weil sich die hybride Beratung weiter akzentuieren wird. Wegen Corona will der Kunde unsere Beratung schon heute per Mail, per Internet, per Telefon oder per Videokonferenz. Diese Formen der Beratung werden künftig nicht verschwinden. Sie werden im Rahmen der «Customer Journey» ihren Platz neben der immer noch sehr wichtigen physischen Beratung weiter festigen und sich stets vervollkommnen.
Welchen Einfluss hat Corona auf die Versicherungsbedürfnisse?
Ivo Flüeler: Aufgrund veränderter wirtschaftlicher Gegebenheiten haben sich die Bedürfnisse etlicher Kunden im Bereich des Versicherungsschutzes geändert. Denn Entlassungen und Kurzarbeit, Schliessungen von Betrieben oder Teilen davon führen zu Überprüfungen und zu Anpassungsbedarf des Versicherungsschutzes. Zudem werden diese Entwicklungen hier und dort ein neues Bewusstsein im Risikomanagement mit sich bringen.
Wie lautet Ihre Schlussbotschaft an unsere Leserinnen und Leser?
Ivo Flüeler: Getreu unserer Vision "Wir entdecken Chancen in Risiken" bringt auch die aktuelle Covidkrise positive Effekte und Chancen mit sich. Mit der nötigen Offenheit und positiven Grundeinstellung können wir vieles aus der Krise und voneinander lernen.
Dr. Michael Ackermann, 59-jährig (Bild), hat ursprünglich Geschichte und Volkwirtschaft studiert und in Geschichte promoviert. Die Informationstechnologie hat er bei IBM zuerst als System Engineer und später mit dem Aufbau des Schweizer Outsourcing-Geschäfts im Client-Server-Bereich verinnerlicht. 2012 hat er zusammen mit zwei Partnern das Beratungsunternehmen Metagon AG in Zürich gegründet. Metagon begleitet Unternehmen bei der Auswahl von Business Software und IT-Outsourcing-Dienstleistungen. Im Gespräch mit den «winVS-E-News» unterstreicht Michael Ackermann, dass man sich wegen der Coronakrise nicht von der Durchführung wichtiger IT-Projekte abhalten lassen soll.
Herr Dr. Ackermann, was ist und was macht die Metagon AG?
Dr. Michael Ackermann: Metagon ist ein unabhängiges Beratungsunternehmen, das sich auf die Abstimmung der Informationstechnologie IT auf das jeweilige Geschäft von Unternehmen und Organisationen spezialisiert hat. Mit sieben Mitarbeitenden und im Eigentum der drei Gründungspartner legen wir als «Boutique» Wert darauf, jedem Kunden bei jedem spezifischen Thema eine massgeschneiderte Beratung zu liefern.
Was für Unternehmen werden beraten?
Dr. Michael Ackermann: Wir beraten Unternehmen aller Art, öffentliche Verwaltungen Nichtregierungsorganisationen und Verbände in der Evaluation und meist auch als Projektleiter in der Einführung ihrer IT-Infrastruktur und von anspruchsvollen Softwarelösungen. Typische Anwendungen sind dabei Enterprise-Resource-Planning ERP, Customer-Relationship-Management CRM, Enterprise-Content-Management-Systeme ECM, Dokumentenmanagementsysteme DMS oder Branchen-Kernsysteme wie beispielsweise solche für Versicherungsbroker.
Weshalb kommen Unternehmen zu Ihnen?
Dr. Michael Ackermann: Eine typische mittelständische IT-Organisation evaluiert und realisiert alle paar Jahre ein grösseres IT-Projekt, sei es für Software oder für Infrastruktur. Wir führen jährlich viele Evaluationen und Einführungsprojekte durch. Dadurch haben wir die Expertise, um sicherzustellen, dass unsere Kunden die Lösung bekommen, die sie brauchen, und zwar zu einem kompetitiven Preis.
Welcher Nutzen entspringt Ihrer Beratung?
Dr. Michael Ackermann: Die Marktchancen werden gesteigert, die Effizienz erhöht, die Projekte sicherer und schneller eingeführt, die Kosten gesenkt. Wir können fast immer belegen, dass wir durch kompetitive Ausschreibungen und konsequentes Verhandeln für unsere Kunden mehr herausgeholt haben, als unsere Beratung kostete. Die Projektbegleitung lohnt sich also nicht nur qualitativ, sondern auch finanziell.
Was hat die laufende Coronakrise für Auswirkungen auf die Metagon?
Dr. Michael Ackermann: Wie alle Unternehmen waren wir zu Beginn der ersten Welle unsicher, was die Auswirkungen sein würden. Wir haben dann rasch gesehen, dass wir geschäftlich praktisch unbehelligt bleiben werden. Da wir für die Zusammenarbeit von Anfang an auf Cloudlösungen gesetzt haben, mussten wir keine neuen Vorkehrungen treffen. Wir haben auch keine Kurzarbeit anmelden müssen, im Gegenteil: Wir haben unser Team mit zwei jungen Mitarbeitenden verstärkt.
Was hat die Coronakrise für Auswirkungen auf die Art der Ihnen anvertrauten IT-Projekte, auf den Zeitablauf der Projekte und den Projekterfolg?
Dr. Michael Ackermann: Das ist das eigentlich Verrückte: Die Coronakrise hat sich auf unser Geschäft praktisch nicht ausgewirkt. Auch unsere Befürchtung, dass wir weniger neue Aufträge erhalten würden, weil der Direktkontakt als Vertriebsweg wegfällt, hat sich nicht bewahrheitet. Die laufenden Projekte konnten wir bisher alle nach Plan erfolgreich abschliessen. Denn die Coronakrise zeigt: IT-Projekte lassen sich virtuell genauso effizient durchführen wie Projekte mit ständigen physischen Kontakten. Das ist eine grosse Überraschung für uns. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man sich kennt und vertraut. Für das Aufsetzen eines neuen Projekts mit Mitarbeitenden, die sich noch nicht kennen, ist ein physisches Kennenlernen nach wie vor unabdingbar.
Auf was sollten Versicherungsbroker in dieser Zeit der Coronakrise bei geplanten IT-Projekten besonders achten?
Dr. Michael Ackermann: Es ist eine Tatsache: Die Gefahr von Missverständnissen bei virtuellen Meetings ist höher, weil man die Mimik und Gestik der Teilnehmenden auf dem Bildschirm weniger gut lesen kann. Deshalb gilt: Wenn etwas nicht ganz klar ist, ist eine klare Kommunikation mit entsprechenden Rückfragern in diesen Coronazeiten mit den vielen virtuellen Kontakten noch viel wichtiger als in normalen Zeiten. Kommt dazu: Alle Lösungen müssen zwingend so aufgesetzt werden, dass sie von den Mitarbeitenden jederzeit überall einfach und zuverlässig genutzt werden können.
Ihre Schlussbemerkungen an unsere Leserinnen und Leser?
Dr. Michael Ackermann: Passen Sie auf sich auf und lassen Sie sich nicht durch die besonderen Umstände der Coronakrise von der Durchführung wichtiger informationstechnologischer Projekte abhalten. Wenn Änderungen in der Informationstechnologie anstehen, dann macht es immer Sinn, die Sache mit einem erfahrenen Mitarbeitenden eines Beratungsunternehmen wie Metagon zu besprechen. Schon der Dialog kann helfen, ein Thema aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Solche Gespräche sind kostenlos und auch für uns sehr spannend.
Kai Kunze, 48-jährig (Bild), Master in Rechtswissenschaften der Universität Lausanne und Inhaber des Diploms in «Insurance Management» der Universität St. Gallen, hat am 3. Juli 2017 am Sitz des FinTech-Inkubator F10, Zürich, im Auftrag des Versicherungskonzerns Generali das FinTech-Startup «Lings» gegründet. Er als CEO des Startups und seine drei Kollegen in der «Lings»-Geschäftsleitung haben vorher bei Generali eine erfolgreiche Karriere als Führungskräfte und Versicherungsspezialisten durchlaufen. Im Gespräch mit den «winVS-E-News» verrät Kai Kunze, weshalb er es gewagt hat, bei einem unsicheren Startup einzusteigen, und wie er die Zukunft des Versicherungsgeschäfts sieht. Lesen Sie seine Antworten auf unsere Fragen.
Kai Kunze, weshalb sind Sie beim Startup «Lings» eingestiegen? Kai Kunze: Ich bin ein Versicherer! Von Schaden, über Produktentwicklung, Vertriebsleitung und Underwriting habe ich in allen Kernfunktionen der Assekuranz gearbeitet. Dabei habe ich gelernt, wie wichtig ein richtiger Versicherungsschutz ist. Leider nehmen die Kunden ihre Versicherung jedoch nach wie vor eher als notwendiges Übel wahr. Mit «Lings» habe ich die einmalige Chance, die Assekuranz neu zu definieren. Ziel ist es, dass unsere Kunden ihre Versicherung lieben! Wie ist «Lings» entstanden? Kai Kunze: Die Kunden von Generali teilen ihrem Versicherer regelmässig mit, was sie von ihm erwarten. Mit den bestehenden informationstechnologischen(IT) Systemen, Prozessen und Zielen ist es jedoch sehr schwer, wirklich Neues umzusetzen. Dazu hat ein grosser Versicherungskonzern nicht die Einstellung, einfach ein «Minimal Viable Product» (MVP), ein "minimal überlebensfähiges Produkt", in den Markt zu stellen und mit den Kunden weiterzuentwickeln oder bei einem Misserfolg rasch und günstig einzustampfen. Diese Ausgangslage hat Generali dazu bewogen, das Startup «Lings» ins Leben zu rufen. Was ist der Auftrag an «Lings»? Kai Kunze: Der Auftrag der Geschäftsleitung von Generali war recht einfach und mutig: „Ihr verlasst eure bisherigen Jobs, habt neun Monate Zeit, um was zu entwickeln, und ihr müsst in der Zwischenzeit nichts rapportieren.“ So hat «Lings» am 1. Juli 2017 mit einem weissen Blatt angefangen. Rund vier Monate später sind wir mit der ersten Schweizer On-demand-Versicherung für Gegenstände in den Markt gegangen. Die Aufstellung unseres Startups ist nicht mit Generali vergleichbar, dennoch kann das Mutterhaus von uns lernen, insbesondere auch von unseren Fehlern! Wie ist «Lings» finanziert? Kai Kunze: Zum Start im Juli 2017 wurde «Lings» mit einem Budget ausgestattet, das für ein Startup recht komfortabel ist - gegenüber meinem letzten “Corporate”-Budget als Head Underwriting jedoch im Rundungsbereich lag. Aufgrund unseres erfolgreichen Starts im Markt hat uns Generali nun weiter bis Ende 2018 finanziert. Wir sind nun auch dran, die Rechtsform anzuschauen. Ziel ist es, im Jahr 2018 eine Filiale von Generali zu werden. Unter https://www.lings.ch wird eine Kameraausrüstungsversicherung angeboten: Was ist das Innovative an diesem Angebot? Kai Kunze: Bei uns entscheidet der Kunde darüber, wann er den Versicherungsschutz braucht. Diesen kann er jederzeit auf seinem Smartphone aktivieren und deaktivieren. Der Versicherungsschutz ist umfassend und wir setzen auf Transparenz. Sogar unsere Allgemeinen Bedingungen sind so einfach geschrieben, dass unsere Kunden sie auch wirklich lesen. Schlussendlich haben wir keinen Zielkonflikt mit unseren Kunden, da wir einen fixen Kostenanteil für uns beanspruchen. Sollten unsere Prämieneinnahmen höher sein als die Schadenbelastung, spenden wir den Überschuss an ein gemeinnütziges Werk. Wir verdienen also nichts daran, Schäden abzulehnen. Weshalb gerade Kameras als Einstieg? Kai Kunze: Ja, weshalb gerade Kameras: Uns ist es wichtig, die Bedürfnisse unserer Kunden zu verstehen. Dafür gehen wir sehr zielgerichtet in den Markt. Da Roger Schüeber, unser Chief Marketing Officer, leidenschaftlich gern fotografiert, war ein Einstieg in der Community der Menschen, die gerne Fotografieren, ein logischer Schritt. Jetzt sind wir dran, weitere Communities zu entwickeln. Wir werden schon bald wesentlich breiter auftreten. Welche vielversprechenden Versicherungsinnovationen hat «Lings» denn im Köcher? Kai Kunze: Wir haben eine lange Liste an Ideen, die wir gerne umsetzen möchten. Das tun wir aber nur, wenn es für unsere Kunde auch Sinn macht. Also anstatt selbstverliebt jetzt einfach mit unseren Ideen in den Markt zu gehen, sprechen wir mit unseren Kunden und priorisieren gemeinsam, was wir als Nächstes tun. Die kommenden Monate werde dabei primär auf die kontinuierliche Verbesserung des Kundenerlebnisses zielen. Zudem müssen wir nun auch in unsere Administration investieren, da wir viel mehr Kunden als erwartet haben. Wie werden sich FinTech-Lösungen im Versicherungsbereich auf das klassische -Versicherungsgeschäft auswirken? Kai Kunze: Im Bereich der Finanztechnologie oder abgekürzt FinTech gibt es im Versicherungsbereich sehr viele interessante Entwicklungen, aber eben auch sehr viel Hype und Lösungen, die am Kunden vorbeizielen. Die meisten FinTech-Lösungen besetzen die Nische der Kundenbeziehung. Dies, weil die klassische Assekuranz weiterhin zu kompliziert und zu distanziert agiert. Die FinTech-Lösungen zielen meist darauf ab, schneller und kundenorientierter zu arbeiten. Dies wird nicht ohne wesentliche und schmerzhafte Anpassungen in den Organisationen der Versicherer gehen. FinTechs haben somit eine grosse Chance, einen Teil der Wertschöpfungskette im Versicherungsgeschäft zu besetzen. Bei den Brokern und Vermittlern wird deshalb die Spezialisierung weitergehen müssen. Vermittler müssen sich dringend überlegen, welche Leistungen sie für den Kunden besser und effizienter als eine elektronische Applikation oder ein Vergleichsdienst anzubieten vermögen. Wie werden sich FinTech-Versicherungslösungen mit Angeboten wie Airbnb vereinen? Kai Kunze: Was wir von Angeboten wie Airbnb, ein Community-Marktplatz für die Buchung und Vermietung von privaten Unterkünften, lernen können: Man muss sich konsequent auf das Kundenbedürfnis ausrichten. Zudem löst eine temporäre Miete sowohl für den Vermieter wie für den Mieter das entsprechend temporäre Bedürfnis nach einem leicht buchbaren temporären Versicherungsschutz aus. Könnten Sie sich dafür auch eine Gratisversicherung vorstellen, die sich über Werbung finanziert? Kai Kunze: Eine werbefinanzierte Gratisversicherung widerspricht allem, was wir bislang im Versicherungsgeschäft kennen. Ich habe so ein Bauchgefühl, eine Gratisversicherung die sich beispielsweise über Werbung finanziert, könnte schon bald kommen. Darauf hätte zurzeit kein bestehender Versicherer eine Antwort. Wie stellen Sie sich denn das Versicherungsgeschäft der Zukunft vor? Kai Kunze: Das Grundbedürfnis nach Versicherungsschutz in vielen Lebensbereichen wird es immer geben. Ich glaube, es werden künftig sehr viele einfach buchbare, an Ereignisse gebundene und mithin temporäre Versicherungslösungen aufkommen, zum Bespiel: ein temporärer Rundumschutz für die Ferien, für ein Wagnis, die Miete eines Objekts oder den Transport mit einem Transportmittel. Ein anderes Zukunftsthema ist es, ob neue Technologien wie die Blockchain es erlauben, Versicherungen ohne Versicherer anzubieten. Für einfache, klare Schutzbedürfnisse geht das jetzt schon, für komplexere Ereignisse noch nicht. Ein zündender Gedanke, den Sie aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen mit FinTech-Lösungen unbedingt an unsere Leserinnen und Leser weitergeben wollen? Kai Kunze: Wenn ich meine Arbeit im klassischen Unternehmen mit den Erfahrungen im Startup vergleiche, ist mein Tipp an alle Unternehmen: Macht Eure eigenen internen Startups! Ihr könnt so viel lernen und gewinnen. Und generell: Einfach weniger diskutieren und mehr tun!
Marco Keller, 40-jährig (Bild), ist Leiter Finanzen und Administration der Versicherungsbrokergruppe ARISCO , Baar. Das 2011 aus der Zusammenfassung von Brokern und Beratern entstandene Unternehmen mit rund 50 Mitarbeitenden und Standorten in Zug, Luzern, Zürich, Egg, Adligenswil und Herisau führt derzeit ein neues informationstechnologisches(IT) System ein. Der Versicherungsfachmann und diplomierte Betriebswirtschafter der Fachhochschule für Wirtschaft in St. Gallen erläutert im zweiten Gespräch mit den winVS-E-News, auf was Versicherungsbroker bei der Implementierung eines neuen IT-Systems besonders zu achten haben.
Marco Keller, welches sind die hauptsächlichen Schritte Ihres Implementierungsprozesses? Marco Keller: Nach der umfangreichen Analysephase, Konsolidierungsphase und Bereinigungsphase stehen wir nun in der Testmigration: Das Testing ist Anfang Februar lanciert worden. Parallel dazu werden die Schulungen vorbereitet, die im März und April geplant sind. Wenn alles nach Plan läuft, werden wir im Mai live gehen.
Wie belastet sind Sie als Projektleiter der Implementierung und wer unterstützt Sie dabei? Marco Keller: Für die Projektleitung der Implementierung wende ich wöchentlich rund acht bis zehn Stunden auf. Zudem werde ich tatkräftig von einem internen Projektteam unterstützt. Dabei handelt es sich um «IT-affine» Mitarbeitende, welche die aktuellen Systeme und Abläufe an unseren sechs Standorten sehr gut kennen. Sie geben wertvolle Inputs für die Implementierung von «winVS next» und helfen mit, Daten zu bereinigen.
Wie läuft die Zusammenarbeit und die Rollenaufteilung mit dem Lieferanten der Software? Marco Keller: Diese Zusammenarbeit läuft bisher sehr gut. Gemeinsam werden die Schwerpunkte des Projektes festgelegt und dann strukturiert abgearbeitet. Regelmässig finden Statusmeetings statt, in welchen aktuelle Fragen diskutiert sowie das weitere Vorgehen festgelegt werden. Dabei darf ich feststellen, dass die in der Offertphase versprochene Flexibilität der Software sowie des Partners im Projekt spürbar ist und gelebt wird. Dies führt zu konstruktiven Lösungen, die uns weiterbringen.
Welches waren bislang die Knackpunkte und allenfalls die Überraschungen im laufenden Implementierungsprozess? Marco Keller: Bereits im Vorfeld des Projektes war absehbar, dass die Zusammenführung von vier separaten Kundendatenbanken ein erhebliches Mass an Bereinigungsarbeiten mit sich bringen wird. Dies hat sich im Projekt bestätigt, wurde aber vom Partner sehr gut unterstützt und begleitet. In meinen vergangenen Softwareprojekten war ich es gewohnt, dass man bereits in einem frühen Stadium des Projektes auf das neue System zugreifen und darauf gewisse Themen testen konnte. Aufgrund der Software Architektur war dies bei winVS next nicht vor der ersten Testmigration möglich. Deshalb ist es eine grosse Freude, jetzt im Testing erstmals Zugriff auf das neue System samt den migrierten Daten zu haben.
Auf was ist aufgrund Ihrer jüngsten Erfahrung beim Implementierungsprozess einer neuen Brokersoftware besonders zu achten? Marco Keller: Beim Einführen einer neuen Software gibt es zahlreiche Fragen zu klären und Entscheide zu fällen. Hier ist es wichtig, dass man stets die Bedürfnisse der Mitarbeitenden im Blickwinkel hat, da sie ja nach dem «Going-Live» täglich mit der neuen Software arbeiten werden. Zudem muss es einem gelingen, stets den Überblick über die Vielzahl der wichtigen Punkte zu behalten. Uns gelingt dies mit dem Pflichtenheft, das wir nach der Offertphase nun konsequent für die Implementierung sowie das bevorstehende Testing nutzen. Es ist überdies sehr wichtig, die Betroffenen stets einzubeziehen. Durch ein breit abgestütztes internes Projektteam soll erreicht werden, dass aus Betroffenen Beteiligte werden, die sich aktiv in die Implementierung einbringen. Das steigert die interne Akzeptanz des neuen Systems erheblich.
Ihr abschliessender Ratschlag an unsere Leserinnen und Leser? Marco Keller: Auch wenn solch ein Softwareprojekt einiges an internen Ressourcen erfordert, lohnt sich diese Investition in die Zukunft. Dies gilt ganz besonders in unserer Zeit, in der das Thema Digitalisierung der Geschäfte - Stichwort «FinTech» - bei immer mehr Verantwortungsträgern im Versicherungs- und Brokerbereich in den Brennpunkt rückt.
Das ist die ARISCO-Gruppe Die ARISCO-Gruppe unter dem Dach der ARISCO Holding AG, Baar, entstand 2011 aus der Zusammenfassung einer Reihe von Versicherungsbroker- und Beratungsunternehmen, die schon früher eng miteinander zusammengearbeitet hatten. Mit Standorten in Zug, Luzern, Zürich, Egg, Adligenswil sowie Herisau und rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört die Gruppe im nationalen Rahmen zu den grössten unabhängigen Versicherungsbrokern. Sie verfügt über direkte Kontakte zu allen wesentlichen Anbietern von Versicherungsleistungen auf dem schweizerischen Markt. Geboten wird ein umfassendes Dienstleistungsangebot in den Bereichen Versicherungen, berufliche und private Vorsorge, Vermögensverwaltung, Regress, Rechtsberatung ausserhalb der Versicherungsdeckung, Absenzen und Case Management. Die ARISCO Holding AG ist mehrheitlich im Besitz der aktiv im Unternehmen tätigen Leitungspersonen. Alle Mitarbeitenden haben die Möglichkeit, sich am Unternehmen zu beteiligen. Zurzeit umfasst das Aktionariat rund 20 Personen. Davon sind lediglich fünf Aussenstehende. Die operativen Tochtergesellschaften ARISCO Versicherungen AG, ARISCO Vorsorge AG, ARISCO Dienstleistungen AG und SEH Versicherungsbroker AG sind zu hundert Prozent im Besitz der Dachgesellschaft.