Pensionskassenrenten im Sinkflug
Kaum bemerkt von der grossen Öffentlichkeit haben die grössten Pensionskassen der Schweiz in den letzten Monaten ihre Rentenversprechen erheblich gesenkt: Die Pensionskasse des Bundes PUBLICA zum Beispiel wird ab 2019 bei der ordentlichen Pensionierung im Alter 65 nur noch einen Rentenumwandlungssatz von 5,09 Prozent anwenden, nach derzeit 5,65 Prozent. Das heisst: Wer in seinem Berufsleben ein stolzes Pensionskassenvermögen von einer Million Franken anspart, bekommt dann noch eine jährliche Pensionskassenrente von 50'900 Franken. Noch tiefer greift die Pensionskasse des Kantons Zürich BVK: Es wird ein Rentenumwandlungssatz von 4,85 Prozent angewandt – für eine Million Franken Pensionskassenvermögen beträgt die Jahresrente nur noch 48'500 Franken.
Steigende Lebenserwartung und tiefe Zinsen
Hauptgründe für die sinkenden Pensionskassenrenten sind die nach wie vor steigende Lebenserwartung und die nachhaltig tiefen risikolosen Zinsen auf dem Kapitalmarkt. Das erschwert den Pensionskassen, die Rentenversprechen einzuhalten. Im Dienste des finanziellen Gleichgewichts werden dann die Renten laufend nach unten angepasst.
Dreisäulenkonzept
In der Schweiz sollen laut der Verfassung die Erste Altersvorsorgesäule - die AHV -, die Zweite Vorsorgesäule - die Pensionskassen- , und die Dritte Vorsorgesäule - die steuerbegünstigte und freie private Vorsorge -, den Erwerbstätigen im Alter die gewohnte Lebenshaltung sichern. Es ist zu erwarten, dass das Leistungsniveau der AHV trotz aller politischer Querelen wohl einigermassen langfristig aufrechterhalten wird. Aber die Pensionskassenrenten sinken unweigerlich weiter, wenn das Beitragsniveau bleibt, wie es ist. Deshalb sind vor allem die jüngeren Arbeitskräfte herausgefordert, allenfalls ihre Pensionskasse freiwillig aufzustocken und namentlich ihre Dritte Vorsorgesäule – steuerbegünstigt und privat – zu forcieren, wenn sie in fernen Jahren das Vorsorgeziel der gewohnten Lebenshaltung erreichen wollen.
Die jüngeren Arbeitskräfte sollten deshalb die lebenslange Altersvorsorgeplanung in ihrer Prioritätenliste rasch in die vordersten Ränge katapultieren. Nur so wird es ihnen gelingen, im Alter den gleichen Lebensstandard zu geniessen, wie es derzeit ihren Müttern und Vätern vergönnt ist.
Zufriedenheit mit den Schweizer Versicherungen
72 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind zufrieden mit ihren Versicherungen und 57 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer empfehlen Versicherungen an Freunde und Bekannte weiter.
Zeitverbrauch bei der Informationssuche für Versicherungsangebote
Die Schweizerinnen und Schweizer verbringen im Durchschnitt etwas mehr als drei Stunden damit, sich über ein Versicherungsangebot zu informieren. Die Hälfte der Schweizer Bevölkerung verwendet für die Informationssuche den Webauftritt von Versicherungen. Zudem informieren sich 42 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer über private Kontakte, beispielsweise bei Freunden oder Bekannten, sowie bei Onlinevergleichsportalen über die Einzelheiten der Versicherungsangebote.
Die massgebenden Entscheidungskriterien bei der Wahl von Versicherungen
Die Höhe der Versicherungsprämie ist für Schweizerinnen und Schweizer das wichtigste Entscheidungskriterium bei der Wahl von Versicherungen. Allgemein deuten die Studienergebnisse darauf hin, dass einige für Schweizerinnen und Schweizer wichtige Entscheidungskriterien von den Versicherungen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Hierzu gehört namentlich die Kündigungsfrist von Versicherungsverträgen, die häufig als zu lang empfunden wird.
Die bisherige Häufigkeit von Onlineversicherungsabschlüssen
In den letzten fünf Jahren wurden erst 24 Prozent der Versicherungsabschlüsse online abgeschlossen. Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer hat bislang überhaupt noch nie einen Versicherungsvertrag online unter Dach und Fach gebracht.
Bereitschaft zur Onlinekommunikation in Versicherungsangelegenheiten
36 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer können sich vorstellen, künftig rund um Versicherungsangelegenheiten mit den Versicherungsanbietern ausschliesslich online zu kommunizieren. Derzeit zählen die Onlineversicherungsportale sowie die Smartphonemessenger wie beispielsweise WhatsApp zu den beliebtesten Onlinekommunikationswegen.
Die Bereitschaft, mit Versicherungen Daten zu teilen
23 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind freiwillig bereit, mit den Versicherungen persönliche Daten zu teilen. Dabei können sich die Befragten eher vorstellen, persönliche Daten mit Krankenversicherungen zu teilen und weniger mit Lebensversicherungen und Sachversicherungen.
Der vollständige «Swiss Insurance Monitor 2021» kann auf der Webseite der Universität Luzern unter Swiss Consumer Studies gegen Entgelt bestellt werden. Die «Selected ‘Insights’ des ‘Swiss Insurance Monitor 2021’» sind frei verfügbar.
Die Versicherten erwarten eine umfassende Digitalisierung der Versicherungswirtschaft. Zwei Drittel der Versicherten gehen davon aus, dass bis 2030 eine Onlineplattform für Versicherungen entsteht, die grosse Marktanteile auf sich vereint. Jeder Zweite glaubt, dass globale Digitalunternehmen wie Apple, Google oder Facebook in zehn Jahren eine bedeutende Rolle auf dem Versicherungsmarkt spielen werden. Ebenso viele befürchten, dass einheimische Versicherer im Wettbewerb mit ausländischen Konkurrenten an Boden verlieren werden und dass zahlreiche traditionelle Versicherungen sogar ganz verschwinden. Das ist das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag des deutschen Digitalverbands Bitkom.
Bitkom-Präsidenten Achim Berg warnt die Akteure in der Versicherungsbranche
Aufgrund der Umfrageergebnisse warnt Bitkom-Präsident Achim Berg die Akteure in der Versicherungsbrache: «Versicherer und ihre Vertriebspartner tun gut daran, sich die Entwicklungen in anderen Bereichen anzusehen, wo sich durch die Digitalisierung Marktanteile stark verschoben haben. Entscheidend ist, sich auf seiner derzeitigen Position nicht auszuruhen, sondern Geschäftsprozesse und Geschäftsmodelle konsequent digital durchzudenken.»
Schon jeder Elfte vertraut innovativen Startups
Schon heute sagen fast drei von zehn Personen, dass sie sich vorstellen können, eine Versicherung bei einem grossen internationalen Digitalunternehmen abzuschließen. Unter den 18- bis 29-Jährigen ist der Anteil mit 42 Prozent sogar noch höher. Und jeder Elfte denkt daran, seine Versicherung bei einem Startup abzuschliessen, wenn es besonders innovativ ist. Auch hier ist der Anteil bei den 18- bis 29-Jährigen mit 18 Prozent besonders hoch.
«Umfangreiche Leistungen», «niedrige Prämien», «individuell anpassbare Produkte»
Fragt man, was derzeit die wichtigsten Kriterien bei der Auswahl einer Versicherung sind, stehen die Antworten «umfangreiche Leistungen» (99 Prozent), «niedrige Prämien» (98 Prozent) und «individuell anpassbare Produkte» (98 Prozent) ganz oben. Direkt dahinter rangieren «eine breite Auswahl an Tarifen» (96 Prozent), «einfache Angebote» (96 Prozent) und «kurze und flexible Vertragslaufzeiten» (94 Prozent).
Versicherungs-App ist gleich wichtig wie eine traditionsreiche Marke
Für acht von zehn Versicherten spielen gute Bewertungen in Tests eine wichtige Rolle. Die Bedeutung einer bekannten Marke nimmt hingegen ab: Zwar ist für 70 Prozent der Befragten eine bekannte Marke nach wie vor wichtig. Die Möglichkeit, Anfragen komplett digital abzuwickeln und digitale Angebote wie eine Versicherungs-App haben aber bereits einen gleich hohen Stellenwert. Kommt dazu: Eine hohe Digitalkompetenz der Versicherung wird in der Befragung höher bewertet als eine ausführliche persönliche Beratung, Hausbesuche vom Beratenden oder attraktive Kundenbindungsprogramme. Und Versicherungsniederlassungen vor Ort haben immer weniger Bedeutung: Nur noch für zwei Fünftel der Versicherten sind sie wichtig.
Kai Kunze, 48-jährig (Bild), Master in Rechtswissenschaften der Universität Lausanne und Inhaber des Diploms in «Insurance Management» der Universität St. Gallen, hat am 3. Juli 2017 am Sitz des FinTech-Inkubator F10, Zürich, im Auftrag des Versicherungskonzerns Generali das FinTech-Startup «Lings» gegründet. Er als CEO des Startups und seine drei Kollegen in der «Lings»-Geschäftsleitung haben vorher bei Generali eine erfolgreiche Karriere als Führungskräfte und Versicherungsspezialisten durchlaufen. Im Gespräch mit den «winVS-E-News» verrät Kai Kunze, weshalb er es gewagt hat, bei einem unsicheren Startup einzusteigen, und wie er die Zukunft des Versicherungsgeschäfts sieht. Lesen Sie seine Antworten auf unsere Fragen.
Kai Kunze, weshalb sind Sie beim Startup «Lings» eingestiegen? Kai Kunze: Ich bin ein Versicherer! Von Schaden, über Produktentwicklung, Vertriebsleitung und Underwriting habe ich in allen Kernfunktionen der Assekuranz gearbeitet. Dabei habe ich gelernt, wie wichtig ein richtiger Versicherungsschutz ist. Leider nehmen die Kunden ihre Versicherung jedoch nach wie vor eher als notwendiges Übel wahr. Mit «Lings» habe ich die einmalige Chance, die Assekuranz neu zu definieren. Ziel ist es, dass unsere Kunden ihre Versicherung lieben! Wie ist «Lings» entstanden? Kai Kunze: Die Kunden von Generali teilen ihrem Versicherer regelmässig mit, was sie von ihm erwarten. Mit den bestehenden informationstechnologischen(IT) Systemen, Prozessen und Zielen ist es jedoch sehr schwer, wirklich Neues umzusetzen. Dazu hat ein grosser Versicherungskonzern nicht die Einstellung, einfach ein «Minimal Viable Product» (MVP), ein "minimal überlebensfähiges Produkt", in den Markt zu stellen und mit den Kunden weiterzuentwickeln oder bei einem Misserfolg rasch und günstig einzustampfen. Diese Ausgangslage hat Generali dazu bewogen, das Startup «Lings» ins Leben zu rufen. Was ist der Auftrag an «Lings»? Kai Kunze: Der Auftrag der Geschäftsleitung von Generali war recht einfach und mutig: „Ihr verlasst eure bisherigen Jobs, habt neun Monate Zeit, um was zu entwickeln, und ihr müsst in der Zwischenzeit nichts rapportieren.“ So hat «Lings» am 1. Juli 2017 mit einem weissen Blatt angefangen. Rund vier Monate später sind wir mit der ersten Schweizer On-demand-Versicherung für Gegenstände in den Markt gegangen. Die Aufstellung unseres Startups ist nicht mit Generali vergleichbar, dennoch kann das Mutterhaus von uns lernen, insbesondere auch von unseren Fehlern! Wie ist «Lings» finanziert? Kai Kunze: Zum Start im Juli 2017 wurde «Lings» mit einem Budget ausgestattet, das für ein Startup recht komfortabel ist - gegenüber meinem letzten “Corporate”-Budget als Head Underwriting jedoch im Rundungsbereich lag. Aufgrund unseres erfolgreichen Starts im Markt hat uns Generali nun weiter bis Ende 2018 finanziert. Wir sind nun auch dran, die Rechtsform anzuschauen. Ziel ist es, im Jahr 2018 eine Filiale von Generali zu werden. Unter https://www.lings.ch wird eine Kameraausrüstungsversicherung angeboten: Was ist das Innovative an diesem Angebot? Kai Kunze: Bei uns entscheidet der Kunde darüber, wann er den Versicherungsschutz braucht. Diesen kann er jederzeit auf seinem Smartphone aktivieren und deaktivieren. Der Versicherungsschutz ist umfassend und wir setzen auf Transparenz. Sogar unsere Allgemeinen Bedingungen sind so einfach geschrieben, dass unsere Kunden sie auch wirklich lesen. Schlussendlich haben wir keinen Zielkonflikt mit unseren Kunden, da wir einen fixen Kostenanteil für uns beanspruchen. Sollten unsere Prämieneinnahmen höher sein als die Schadenbelastung, spenden wir den Überschuss an ein gemeinnütziges Werk. Wir verdienen also nichts daran, Schäden abzulehnen. Weshalb gerade Kameras als Einstieg? Kai Kunze: Ja, weshalb gerade Kameras: Uns ist es wichtig, die Bedürfnisse unserer Kunden zu verstehen. Dafür gehen wir sehr zielgerichtet in den Markt. Da Roger Schüeber, unser Chief Marketing Officer, leidenschaftlich gern fotografiert, war ein Einstieg in der Community der Menschen, die gerne Fotografieren, ein logischer Schritt. Jetzt sind wir dran, weitere Communities zu entwickeln. Wir werden schon bald wesentlich breiter auftreten. Welche vielversprechenden Versicherungsinnovationen hat «Lings» denn im Köcher? Kai Kunze: Wir haben eine lange Liste an Ideen, die wir gerne umsetzen möchten. Das tun wir aber nur, wenn es für unsere Kunde auch Sinn macht. Also anstatt selbstverliebt jetzt einfach mit unseren Ideen in den Markt zu gehen, sprechen wir mit unseren Kunden und priorisieren gemeinsam, was wir als Nächstes tun. Die kommenden Monate werde dabei primär auf die kontinuierliche Verbesserung des Kundenerlebnisses zielen. Zudem müssen wir nun auch in unsere Administration investieren, da wir viel mehr Kunden als erwartet haben. Wie werden sich FinTech-Lösungen im Versicherungsbereich auf das klassische -Versicherungsgeschäft auswirken? Kai Kunze: Im Bereich der Finanztechnologie oder abgekürzt FinTech gibt es im Versicherungsbereich sehr viele interessante Entwicklungen, aber eben auch sehr viel Hype und Lösungen, die am Kunden vorbeizielen. Die meisten FinTech-Lösungen besetzen die Nische der Kundenbeziehung. Dies, weil die klassische Assekuranz weiterhin zu kompliziert und zu distanziert agiert. Die FinTech-Lösungen zielen meist darauf ab, schneller und kundenorientierter zu arbeiten. Dies wird nicht ohne wesentliche und schmerzhafte Anpassungen in den Organisationen der Versicherer gehen. FinTechs haben somit eine grosse Chance, einen Teil der Wertschöpfungskette im Versicherungsgeschäft zu besetzen. Bei den Brokern und Vermittlern wird deshalb die Spezialisierung weitergehen müssen. Vermittler müssen sich dringend überlegen, welche Leistungen sie für den Kunden besser und effizienter als eine elektronische Applikation oder ein Vergleichsdienst anzubieten vermögen. Wie werden sich FinTech-Versicherungslösungen mit Angeboten wie Airbnb vereinen? Kai Kunze: Was wir von Angeboten wie Airbnb, ein Community-Marktplatz für die Buchung und Vermietung von privaten Unterkünften, lernen können: Man muss sich konsequent auf das Kundenbedürfnis ausrichten. Zudem löst eine temporäre Miete sowohl für den Vermieter wie für den Mieter das entsprechend temporäre Bedürfnis nach einem leicht buchbaren temporären Versicherungsschutz aus. Könnten Sie sich dafür auch eine Gratisversicherung vorstellen, die sich über Werbung finanziert? Kai Kunze: Eine werbefinanzierte Gratisversicherung widerspricht allem, was wir bislang im Versicherungsgeschäft kennen. Ich habe so ein Bauchgefühl, eine Gratisversicherung die sich beispielsweise über Werbung finanziert, könnte schon bald kommen. Darauf hätte zurzeit kein bestehender Versicherer eine Antwort. Wie stellen Sie sich denn das Versicherungsgeschäft der Zukunft vor? Kai Kunze: Das Grundbedürfnis nach Versicherungsschutz in vielen Lebensbereichen wird es immer geben. Ich glaube, es werden künftig sehr viele einfach buchbare, an Ereignisse gebundene und mithin temporäre Versicherungslösungen aufkommen, zum Bespiel: ein temporärer Rundumschutz für die Ferien, für ein Wagnis, die Miete eines Objekts oder den Transport mit einem Transportmittel. Ein anderes Zukunftsthema ist es, ob neue Technologien wie die Blockchain es erlauben, Versicherungen ohne Versicherer anzubieten. Für einfache, klare Schutzbedürfnisse geht das jetzt schon, für komplexere Ereignisse noch nicht. Ein zündender Gedanke, den Sie aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen mit FinTech-Lösungen unbedingt an unsere Leserinnen und Leser weitergeben wollen? Kai Kunze: Wenn ich meine Arbeit im klassischen Unternehmen mit den Erfahrungen im Startup vergleiche, ist mein Tipp an alle Unternehmen: Macht Eure eigenen internen Startups! Ihr könnt so viel lernen und gewinnen. Und generell: Einfach weniger diskutieren und mehr tun!
«Schwere Aufsichtsrechtsverletzungen»
Die FINMA unterstreicht in der Medienmitteilung «FINMA verpflichtet CSS zur Prämienrückerstattung zugunsten von Krankenzusatzversicherten» namentlich: «Das Verfahren der FINMA ergab, dass die CSS Versicherung AG von 2013 bis 2019 schwere Aufsichtsrechtsverletzungen zu verantworten hat. Diese gründen auf Mängel im Bereich des Vermittlergeschäfts und gruppenintern einseitig zulasten der Krankenzusatzversicherten verrechneten Verwaltungskosten. Die CSS bezahlte teilweise wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Provisionen, welche die Rentabilität der Neuabschlüsse in Frage stellten. Zudem belastete die CSS bis 2018 sämtliche vom Konzern geleisteten Provisionszahlungen dem Zusatzversicherungsgeschäft. Die Vermittlerkosten für alle Neuabschlüsse wurden somit ausschliesslich von den Zusatzversicherten getragen, obschon diese nachweislich auch obligatorische Krankenversicherungen betrafen. Kommt dazu: Die CSS hat die Zusatzversicherung mit weiteren nicht verursachergerechten Kosten belastet, indem die Zusatzversicherung beispielsweise seit Jahren den weitaus überwiegenden Teil der Marketingkosten und die vollständigen Werbekosten der ganzen CSS-Gruppe trägt.»
Erste Antwort der CSS
In der Medienmitteilung «CSS prüft Verfügung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA» schreibt die CSS: «Der Entscheid der FINMA ist nicht rechtskräftig und kann von der CSS beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Die CSS analysiert die Verfügung nun im Detail und prüft das weitere Vorgehen. Sollte die Verfügung rechtskräftig werden, wird die CSS einen detaillierten Plan für die Rückerstattungen erstellen und ihre Kundinnen und Kunden im Bereich der Zusatzversicherung in den Jahren 2013 bis 2019 über die Höhe der Zahlungen informieren. Die Versicherten und das Geschäft der CSS in der obligatorischen Grundversicherung sind nicht betroffen.»
Branchenvereinbarung zur Regelung der Versicherungsvermittlungstätigkeit im Krankenkassenbereich
Zur Regelung der Versicherungsvermittlungstätigkeit im Krankenkassenbereich haben sich die Krankenversicherer bereits 2020 auf die privatwirtschaftliche Branchenvereinbarung «Vermittler» gegen die telefonische Kaltakquise und für die Begrenzung der Provisionen geeinigt. Diese betrifft die Grundversicherung und die Zusatzversicherungen. Mit verbindlichen Qualitäts- und Transparenzmassnahmen soll damit mehr Rechtssicherheit zu Gunsten der Kundinnen und Kunden geschaffen werden. Die freiwillige Vereinbarung trat am 1. Januar 2021 in Kraft.
Jetzt greift der Staat durch
Am Montag, 7. März 2022, hat der Nationalrat als Erstrat dem neuen «Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit» zugestimmt. In der Herbstsession kommt die Vorlage laut dem Sessionsprogramm am Dienstag, 20. September 2022, in den Ständerat. In der «Botschaft zum Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit» wird festgehalten: «Der vorliegende Entwurf soll die Tätigkeit von Vermittlerinnen und Vermittlern in der sozialen Krankenversicherung und der Krankenzusatzversicherung regulieren, indem die von den Versicherern diesbezüglich festgelegten Regeln verbindlich erklärt werden. Zudem soll auch die Qualität der Vermittlungsdienstleistungen verbessert werden. Ein weiteres Ziel ist es, unerwünschte Telefonanrufe in der Krankenversicherungsbranche zu unterbinden.» Des Weitern wird der Grund für den Staatseingriff genannt: «Unerwünschte Telefonanrufe sind für die Bevölkerung ein grosses Ärgernis. Auch die an die Vermittlerinnen und Vermittler ausbezahlten Provisionen beschäftigen das Parlament seit einigen Jahren. Bei der Verabschiedung des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes hat der Gesetzgeber entschieden, es den Versicherern zu überlassen, diese beiden Punkte in einer Vereinbarung zu regeln. Jeder der beiden Dachverbände erstellte eine Vereinbarung. Im Anschluss stellte sich jedoch heraus, dass sich nicht alle Versicherer an die Vereinbarung ihres Dachverbands hielten.» Deshalb muss der Staat jetzt durchreifen.
Ivo Flüeler, was ist und was tut die ARISCO Gruppe?
Ivo Flüeler: ARISCO ist eine auf dem schweizerischen Versicherungs-, Vorsorge- und dem damit zusammenhängenden Dienstleistungsmarkt tätige Gruppe, deren Wurzeln ins Jahr 1982 zurückreichen. Mit ihren Tochtergesellschaften ARISCO Versicherungen AG, ARISCO Vorsorge AG, ARISCO Dienstleistungen AG, ARISCO AG sowie den Geschäftsstellen in Rotkreuz, Egg bei Zürich, Herisau und Luzern gehört die Gruppe im nationalen Vergleich zu den grösseren unabhängigen Unternehmen der Branche. Im Zentrum der Tätigkeit stehen Kundenanliegen rund um die Themen Versicherungen einschliesslich Risiko- und Gesundheitsmanagement, berufliche und private Vorsorge samt Finanzplanung und Vermögensverwaltung. Dazu kommen weitere damit zusammenhängende Beratungsdienstleistungen rund um Fragen der Schadensabwicklung, der Steuern, des Absenzen- und Casemanagement sowie des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Die ARISCO Gruppe hat rund 50 Mitarbeitende und ist Gründungspartner der weltweit in 130 Ländern tätigen UNiBA Gruppe.
Welches sind die hauptsächlichen Auswirkungen der Coronakrise auf ARISCO?
Ivo Flüeler: Die ersten Auswirkungen der zweiten Welle der Coronakrise hatten ihren Anfang im März 2020. Der damals verfügte Lockdown forderte namentlich die sofortige Verschiebung des operativen Betriebes ins Homeoffice. Dies konnten wir ohne grosse Probleme bewältigen, da wir bereits zum Zeitpunkt der ersten Coronawelle alle Kundendossiers digital führten. Auch war bereits das arbeitsplatzunabhängige Arbeiten mittels Fernzugriff eingespielt. Es kamen aber andere Herausforderungen dazu, wie beispielsweise das dezentrale Führen der Teams, die Abdeckung des erhöhten Kommunikationsbedarfs infolge der räumlichen Distanz oder das Verarbeiten und Bearbeiten der immer noch grossen Mengen an physischer Post.
Haben Sie zur Bewältigung all dieser Herausforderungen spezielle Massnahmen ergriffen?
Ivo Flüeler: Bei uns ist es ein zentrales Anliegen, die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden stets im Auge zu behalten. Durch individuelle Coachingangebote und der Förderung von sozialen Kontakten wie beispielsweise durch virtuelle ARISCO-Kaffeepausen haben wir Akzente gesetzt, um den "Corona-Homeoffice-Blues" zu vermeiden. Der extra gebildete ARISCO-Coronakrisenstab steuert und begleitet alle Massnahmen und passt das Schutzkonzept entlang der Bundesratsentscheide laufend an.
Wie wirkt sich die Coronakrise auf den Schweizer Versicherungsmarkt aus?
Ivo Flüeler: Kurzfristig hat die Krise im Versicherungsmarkt deutlich aufgezeigt, dass Pandemien als schwer versicherbares Risiko und zugleich als eines der grössten Risiken in der Schweiz bei den meisten Versicherungsgesellschaften ausgeschlossen sind. Zu Beginn des Lockdowns haben sich viele unserer Kunden an uns gewandt, um zu klären, welche Unterstützung die Versicherungsindustrie ihnen in dieser Pandemie geben kann. Da es keine Pandemieversicherung gibt, sind unsere Möglichkeiten beschränkt.
Gibt es denn bald einmal eine Pandemieversicherung?
Ivo Flüeler: Die laufende Pandemie hat die Grenzen der Versicherbarkeit aufgezeigt. Vertreter verschiedener Departemente sowie der Versicherungsbranche erarbeiteten 2020 unter der Leitung des Eidgenössische Finanzdepartement EFD ein Konzept für eine Pandemieversicherung für Unternehmen. Anschliessend lud das Finanzdepartement Vertreter der Wirtschaft ein, sich dazu zu äussern. All diese Arbeiten und Stellungnahmen finden sich im 69-seitigen Dokument «Projekt ‘Pandemieversicherung’ - Bericht der Arbeitsgruppe». Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe: Zum jetzigen Zeitpunkt fehlen klare Anzeichen, dass die Schweizer Unternehmen grossmehrheitlich eine Pandemieversicherung in dieser Art wollen. Besonders das Obligatorium stösst auf Ablehnung in breiten Kreisen. Die anfallenden Prämien würden in diesem Fall als eine steuerähnliche Abgabe betrachtet. Kommt dazu: Für eine obligatorische Pandemieversicherung müsste voraussichtlich eine Verfassungsgrundlage geschaffen werden. Ergebnis: Der Bundesrat verzichtet darauf, das Konzept einer obligatorischen Pandemieversicherung weiterzuverfolgen. Das Eidgenössische Finanzdepartement EFD bleibt aber mit der Versicherungsbranche in Kontakt und ist offen für allfällige alternative Vorschläge.
Themawechsel: Gibt es wegen Corona Auswirkungen im Bereich der Digitalisierung des Versicherungsgeschäfts?
Ivo Flüeler: Die Coronakrise wird auch in der Versicherungsindustrie als Treiber der Digitalisierung wirken. Ich denke da an Schnittstellen und Prozesse zwischen den Brokern, Versicherungsgesellschaften und Softwareanbietern, welche weiter ausgebaut und professionalisiert werden. Zudem hat das Arbeiten im Homeoffice das digitale Bewältigen des Alltagsgeschäfts entscheidend nach vorne gebracht.
Und wie steht es im Bereich der Kundenbeziehungen und des Kundenverhaltens?
Ivo Flüeler: Ich erwarte weitere Veränderungen im Kundenverhalten. Dies namentlich in Bezug auf den Einfluss, den die beschleunigte Digitalisierung auf die «Customer Journey» hat, die Schritte des Kunden, bevor er sich für den Kauf eines Produktes entscheidet. Die Anforderungen an die Formen und Fähigkeiten, den Kunden professionell und umfassend zu beraten, werden anspruchsvoller, weil sich die hybride Beratung weiter akzentuieren wird. Wegen Corona will der Kunde unsere Beratung schon heute per Mail, per Internet, per Telefon oder per Videokonferenz. Diese Formen der Beratung werden künftig nicht verschwinden. Sie werden im Rahmen der «Customer Journey» ihren Platz neben der immer noch sehr wichtigen physischen Beratung weiter festigen und sich stets vervollkommnen.
Welchen Einfluss hat Corona auf die Versicherungsbedürfnisse?
Ivo Flüeler: Aufgrund veränderter wirtschaftlicher Gegebenheiten haben sich die Bedürfnisse etlicher Kunden im Bereich des Versicherungsschutzes geändert. Denn Entlassungen und Kurzarbeit, Schliessungen von Betrieben oder Teilen davon führen zu Überprüfungen und zu Anpassungsbedarf des Versicherungsschutzes. Zudem werden diese Entwicklungen hier und dort ein neues Bewusstsein im Risikomanagement mit sich bringen.
Wie lautet Ihre Schlussbotschaft an unsere Leserinnen und Leser?
Ivo Flüeler: Getreu unserer Vision "Wir entdecken Chancen in Risiken" bringt auch die aktuelle Covidkrise positive Effekte und Chancen mit sich. Mit der nötigen Offenheit und positiven Grundeinstellung können wir vieles aus der Krise und voneinander lernen.
«Da man Versicherungen anders als beispielsweise Autos nicht anfassen kann, sind sie das ideale Produkt für die Onlineberatung», sagt der Onlineversicherungsbroker Björn Maier im Interview mit dem Versicherungsbranchenmagazin «Pfefferminzia». Doch die Onlineberatung ist technisch anspruchsvoll: Neben einer Brokersoftware wie «winVS next», mit der sich alle Prozesse im Versicherungsbrokergeschäft digitalisieren lassen, braucht es eine informative Website mit einem einfachen Einstieg in den eingebauten Onlineberatungsraum. Eines scheint sicher zu sein: Die Onlineberatung wird sich auch über die Coronakrise hinaus als digitaler Beratungsweg etablieren. Deshalb sollte sich jeder Versicherungsbroker damit befassen.
Vorteile der Onlineberatung
In seinem Interview mit «Pfefferminzia» spricht Björn Maier über offensichtliche Vorteile und Nachteile der Onlineberatung: Um von mir eine Onlineberatung zu bekommen, muss weder der Kunde noch ich selber einen Parkplatz suchen, sich durch dichten Verkehr auf den Weg zum Gesprächsort begeben oder eine Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln mit mehrmaligem Umsteigen in Kauf nehmen. Ich bin stets nur ein paar Klicks entfernt, denn die Onlineberatung geht immer. Der Kunde kann der Beratung auch im Schlafanzug beiwohnen oder gemütlich auf der Couch ‘lümmeln’. Zudem kann ich alle Fragen rund um eine Versicherung beantworten, ohne dafür zum Kunden nach Hause zu kommen. Ausserdem sprechen die Kunden online oftmals viel freier über eventuelle Vorerkrankungen als bei einem Gespräch mit Sichtkontakt, eine Voraussetzung für eine optimale Beratung etwa bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung.
Nachteile der Onlineberatung
Ein Nachteil der Onlineberatung ist es, dass man im persönlichen Gespräch von Mensch zu Mensch das Vertrauen zum Kunden schneller aufbauen kann, beispielsweise durch einen Plausch bei einem Kaffee vor Ort. Es besteht überdies die Gefahr, dass die Kunden beim Onlinebroker nur kostenlos die notwendigen Informationen holen, um dann beim persönlich bekannten Versicherungsbroker im persönlichen Kontakt das Geschäft abzuschliessen.
Kunden übers Telefon in die Onlineberatung holen
Die bekannten Video- und Beratungstools wie Skype, Zoom oder Microsoft Teams sind nicht in erster Linie auf Beratungsgespräche und Verkaufsabschlüsse, sondern vor allem auf die Onlinezusammenarbeit in Unternehmen ausgerichtet. Überdies sollte der Kunde womöglich nicht gezwungen werden, eine Software oder ein Plug-in herunterzuladen. Auch das Versenden eines Links als Einladung zur Onlineberatung ist zuweilen nicht die beste Lösung: Das kann cybersicherheitsbewusste potenzielle Neukunden davon abhalten, einen solchen Einladungslink anzuklicken.
Deshalb ist es erfolgversprechend, wenn man im Rahmen eines informationstechnologischen Gesamtkonzepts die Möglichkeit zur Onlineberatung dank einer Schnittstelle zu einem Onlineberatungstool direkt in seine Versicherungsbrokerwebsite einbindet. Dann kann man den Kunden mittels eines Telefonanrufs in die Onlineberatung holen: Man fragt ihn, ob er gerade am Computer sitzt oder ein Tablet zur Hand hat. Dann bittet man ihn, die Versicherungsbrokerwebsite aufzurufen. Man gibt ihm am Telefon einen Code durch, mit dem er den auf der Website gut sichtbaren Onlineberatungsraum betreten kann.
Weitere Tipps vom erfahrenen Profi
Der Onlineversicherungsbroker Björn Maier gibt in seinem Interview mit «Pfefferminzia» einige weitere Tipps, wie die Erfolgschancen bei der Onlineberatung erhöht werden können: Ohne eine Webseite, die über den jeweiligen Versicherungsbroker und sein Tätigkeitsfeld umfangreich informiert und die die Möglichkeit zur Onlineberatung gut sichtbar eingebunden hat, geht erst einmal gar nichts. Und: Damit man gut gefunden wird, ist die Suchmaschinenoptimierung für die Webseite unerlässlich. Ist man nicht genügend beschlagen auf diesem Gebiet, spricht nichts dagegen, sich externe Hilfe dafür einzuholen. Dann braucht der Onlineversicherungsbroker zum Ausbau seines Geschäfts natürlich noch Kontaktdaten von Interessenten, die eine Onlineberatung wünschen, also Leads. Sie lassen sich über Anzeigen etwa bei Google gewinnen oder bei entsprechenden Anbietern kaufen. Ein wichtiges Standbein für die Gewinnung von Neukunden sind zudem Empfehlungen: Zufriedene Kunden sollten diskret dazu gebracht werden, eine Onlinebewertung abzugeben – wie das in onlineaffinen Branchen wie Gastronomie und Tourismus bereits eine Selbstverständlichkeit ist.